Stärkung von Prävention und Gesundheitskompetenz

Selbsthilfe engagiert sich gesellschaftlich und politisch für eine Stärkung von Prävention und Gesundheitskompetenz. Das Gesundheitssystem ist in allen Bereichen daran auszurichten, einen möglichst guten allgemeinen Gesundheitszustand zu bewahren und zu befördern. Auch muss das Gesundheitssystem auf allen Ebenen Menschen mit Behinderung und chronischer Erkrankung und deren Angehörigen darin fördern und unterstützen, kompetent mit Gesundheitsfragen und mit dem Gesundheitssystem umzugehen.

Weiterentwicklung der Prävention

Prävention dient einerseits dem Ziel, den allgemeinen Gesundheitszustand zu erhalten und zu fördern (Gesundheitsförderung) und das Entstehen chronischer Erkrankung zu verhindern (Primärprävention). Angebote und Maßnahmen der Gesundheitsförderung und Prävention sind so zu gestalten, dass sie gemeindenah verfügbar sind und dass auch Menschen mit Behinderung und chronischer Erkrankung und ihre Angehörigen sie kennen und nutzen können. Entsprechende Nachbesserungen zum Präventionsgesetz sind erforderlich.

Andererseits kommt es auf gute Sekundärprävention an, also darauf, dass chronische Erkrankungen früh erkannt werden. Die Erfahrungen der Selbsthilfe belegen, dass die Erkrankungen vieler Patientinnen und Patienten immer noch viel zu spät diagnostiziert werden.

Im Fall von chronischen Erkrankungen kommt es in besonderem Maße auf Tertiärprävention an. Chronische Gesundheitsprobleme oder Verschlimmerungen und Folgeprobleme entstehen aus Sicht der Selbsthilfe immer noch viel zu häufig, weil es zu lange dauert, bis überhaupt Versorgungsangebote für Patientinnen und Patienten zur Verfügung stehen oder bis Patientinnen und Patienten mit chronischen Erkrankungen bedarfsgerecht versorgt werden. Vor diesem Hintergrund wird dringend gefordert, auch diese Aspekte im Bereich der Prävention stärker zu verankern.

Unabhängig von der Art der Prävention wird die Lebensqualität gesteigert. Prävention, Kuration und Rehabilitation sind insoweit keine Gegensatzpaare, sondern sind unabdingbare Bestandteile einer umfassenden Versorgung der Patientinnen und Patienten. Ebenso wenig schließen sich Prävention und Pflege aus; auch pflegebedürftige Menschen und ihre Angehörigen müssen von Prävention profitieren.

Weiterentwicklung der Gesundheitskompetenz

Die menschlichen Potenziale, sich zu entfalten, sind vielfältig und unterscheiden sich individuell. Die BAG SELBSTHILFE tritt dafür ein, dass jeder Mensch sein Potenzial verwirklichen kann, die eigenen Kompetenzen in Bezug auf seine Gesundheit und Krankheit zu entwickeln und zu nutzen - im Hinblick auf seine eigenen Vorstellungen von einem lebenswerten Leben.

Patientinnen und Patienten wollen selbst bestimmt handeln. Sie erwarten, dass ihre Gesundheitskompetenz, also ihre Fähigkeiten und Fertigkeiten in Bezug auf die eigene Gesundheit und Krankheit, wahrgenommen und anerkannt werden. Auch müssen gesundheitsbezogene Fachgruppen so arbeiten und das Gesundheitssystem in einer Weise organisiert sein, dass Patientinnen und Patienten ihre Entscheidungen gut informiert treffen können.

Moderne Gesundheitskompetenz

Gesundheit und Krankheit sind viel zu lange als Kompetenzgebiet von Expertinnen und Experten betrachtet worden: Diese beurteilten, was gut oder schlecht ist und was Patientinnen und Patienten zu tun bzw. zu lassen haben.

Ein zeitgemäßes Verständnis von Gesundheitskompetenz und entsprechende Fachkonzepte und fachliches Handeln sind gefragt.

Die BAG SELBSTHILFE sieht Deutschland im Verzug. Denn Patientinnen und Patienten, die von Behinderung und chronischer Erkrankung betroffen sind, und deren Angehörige bewegen sich in einem Gesundheitssystem, welches nicht auf sie eingestellt ist.

Die BAG SELBSTHILFE fordert deshalb, dass Gesundheitskompetenz in Deutschland auf allen Ebenen weiter entwickelt wird, zum einen individuell und auf der Ebene der Fachkräfte und Institutionen, zum anderen auf der Ebene des Gesundheitssystems, welches insgesamt transparenter werden muss und dessen verschiedene Bereiche gut nutzbar miteinander verzahnt werden müssen.

Gesundheitskompetenz der Selbsthilfe anerkennen

Der Gesetzgeber hat in den letzten Jahren zunehmend anerkannt, dass chronisch kranke Menschen spezifische Bedürfnisse haben, besonderen Belastungen ausgesetzt sind und der Behandlungserfolg stark durch das eigene Verhalten und ihre verantwortliche Mitwirkung an der Krankenbehandlung beeinflusst wird. Unterschiedlichste von der Bundesregierung geförderte Studien haben den Nachweis erbracht, dass das Gesundheitssystem insgesamt davon profitiert, wenn Patient und Arzt in der tatsächlichen Behandlungssituation als Partner gegenüber treten.

Hier leisten die Selbsthilfeorganisationen wichtige und dringend erforderliche Arbeit; ihre Unterstützungsleistungen reichen von fachkundiger ärztlicher und juristischer Beratung bis hin zu Bewegungsangeboten, welche durch den Jahresbeitrag abgegolten sind.

Auch der Austausch untereinander in Selbsthilfegruppen stärkt die Gesundheitskompetenz und bietet daher die Grundlage für das Selbstmanagement der Patientinnen und Patienten.

Nachdem der Gesetzgeber im § 65 a SGB V ausdrücklich geregelt hat, dass Krankenkassen gesundheitsbewusstes Verhalten in Form von Teilnahme an Früherkennungsprogrammen bonifizieren können, muss nach unserer Auffassung gleiches auch für die Mitgliedschaft bei einer – entsprechend zertifizierten -Selbsthilfeorganisationen gelten: Hier könnte dieses entweder durch entsprechende Ergänzung des § 65 a SGB V oder des § 62 SGB V (Anrechnung auf die Belastungsgrenze) honoriert werden.

Gleichzeitig ist zu fordern, freiwillige Schulungsprogramme für Patientinnen und Patienten zwingend vorzuschreiben, wenn hinreichende Informationen vorliegen, dass dies zur Verbesserung der Gesundheitsversorgung beiträgt. Zwar sind die gesetzlichen Krankenkassen bereits jetzt verpflichtet, Schulungsprogrammen anzubieten. In der Praxis wird dies jedoch häufig mit der Begründung abgelehnt, es fehlten evidente Studien über den Nutzen; gleichzeitig werden entsprechende Studien auch nicht von den Krankenkassen durchgeführt.

Auch wenn Patientenorganisationen selbst entwickeltes Schulungsmaterial wissenschaftlich prüfen lassen, werden diese Studien von den Krankenkassen oftmals nicht anerkannt. Insofern wird gefordert, dass die Krankenkassen bei hinreichenden Informationen entweder die Schulungsprogramme oder entsprechende Studien zu finanzieren haben.

Kompetenztransfer innerhalb der Selbsthilfe

Die Weiterentwicklung der Gesundheitskompetenz der Selbsthilfeorganisationen ist ein gemeinsames Anliegen von BAG SELBSTHILFE und ihren Mitgliedsverbänden. Die Mitgliedsverbände entwickeln regelmäßig eigenständig oder gemeinsam konkrete Vorhaben, durch die sie die Gesundheitskompetenz von Betroffenen und von deren Verbänden steigern oder durch die sie zu besserer Gesundheitskompetenz auf Seiten von Fachkräften, Einrichtungen oder des Gesundheitssystems beitragen.

Die BAG SELBSTHILFE unterstützt und fördert ihre Mitgliedsverbände durch übergreifende Projekte und stellt Materialien und Arbeitshilfen zur Verfügung.

Allianz für Gesundheitskompetenz / Nationaler Aktionsplan Gesundheitskompetenz

Die BAG SELBSTHILFE ist Mitbegründerin der nationalen „Allianz für Gesundheitskompetenz“ insbesondere deshalb, damit alle Akteurinnen und Akteure sich auf konkrete Schritte der Weiterentwicklung von Gesundheitskompetenz verständigen und diese gemeinsam umsetzen.

Um diese Gesundheitskompetenz sowohl bei Bürgern als auch bei Institutionen weiter zu befördern, hat der Nationale Aktionplan Gesundheitskompetenz eine Vielzahl von Maßnahmen entwickelt. Diesen Plan sowie nähere Informationen hierzu finden Sie unter folgendem Link: https://nap-gesundheitskompetenz.de 

Sie bringt die Sicht der Patientinnen und Patienten und deren Forderungen in die Prozesse zur Umsetzung des Nationalen Aktionsplans Gesundheitskompetenz ein.

Hintergrund

Die Digitalisierung und die moderne Wissensgesellschaft schaffen im 21. Jahrhundert ganz neue Möglichkeiten der Information über Gesundheitsfragen und Angebote in einem modernen Gesundheitswesen. Noch nie waren so viele Informationen über unterschiedliche Präventionsangebote, Diagnose- und Therapiemöglichkeiten sowie Hintergrundwissen für Gesundheitsentscheidungen vorhanden wie heute. Für viele Menschen ist es allerdings eine große Herausforderung, sich angesichts dieser steigenden Fülle an Informationen im Gesundheitswesen zurechtzufinden, diese zu bewerten und die richtigen Entscheidungen für eine gesunde Lebensweise, zur Krankheitsbewältigung oder die für sie angemessenen Maßnahmen zu treffen.

Verschiedene Studien weisen für Deutschland erheblichen Nachholbedarf im Hinblick auf die Gesundheitskompetenz der Bevölkerung nach. Das bedeutet, dass viele Menschen Schwierigkeiten haben, gesundheitsbezogene Informationen zu suchen, zu finden, zu bewerten und die richtigen Entscheidungen für eine gesunde Lebensweise oder zur Krankheitsbewältigung zu treffen.

Diese Situation entspricht nicht dem gesundheitspolitischen Leitbild mündiger Bürgerinnen und Bürger, die Ärztinnen und Ärzten und den Fachkräften im Gesundheitswesen als „Experten ihrer selbst“ gut informiert gegenübertreten und Entscheidungen auf dieser Basis gemeinsam mit ihnen treffen. Dieses Leitbild muss aber mehr denn je das Ziel unseres modernen Gesundheitswesens sein, wie es bereits 2003 als eines der Nationalen Gesundheitsziele formuliert worden ist: „Gesundheitliche Kompetenz erhöhen, Patient(inn)ensouveränität stärken“. Es lässt sich nur verwirklichen, wenn wir die grundlegenden Werte der Medizin und der Gesundheitsversorgung, die den Menschen und seine Bedürfnisse in den Mittelpunkt stellen, allgemein stärken: Ehrlichkeit, Zuverlässigkeit, Aufrichtigkeit und Verantwortung.

Diesen Werten, die die besondere Form des Arzt-Patienten-Verhältnisses hervorheben, liegen die durch die Medizin selbst definierten und übergeordneten Werthaltungen zugrunde. Sie bilden die vier Säulen der Medizinethik: Respekt vor dem Selbstbestimmungsrecht des Menschen, Nicht-Schaden, Fürsorge, Gleichheit. Diese Werte zu leben, ist Aufgabe aller im Gesundheitswesen Tätigen.

Dazu gehört auch, die Bürgerinnen und Bürger stärker in die gesundheitliche Versorgung sowie die ärztliche Diagnostik und Therapie im Sinne einer informierten und gemeinsamen Entscheidungsfindung einzubinden und sie damit auch in ihrer informierten Entscheidung und in ihrer Selbstbestimmung zu stärken. Wir setzen dabei auf die Unterstützung aller im Gesundheitswesen Tätigen. Auch in einem Gesundheitswesen mit hohen technischen Standards und einer hohen Wirtschaftlichkeit kommt es darauf an, dass Menschlichkeit, Zuwendung und Einfühlungsvermögen im Sinne einer besseren und verständlicheren Kommunikation einen zentralen Stellenwert einnehmen. Der Erhalt der Gesundheit und der Verlauf einer Krankheit sowie die Genesung der Patientinnen und Patienten werden hiervon in hohem Maße mit beeinflusst.

Gut verständliche Gesundheitsinformationen können zugleich auch einen entscheidenden Beitrag für mehr Lebensqualität bedeuten. Für 80 Prozent der Bürgerinnen und Bürger steht die Gesundheit bei der Bewertung der Lebensqualität an erster Stelle (Fortschrittsbericht der Bundesregierung zur Nationalen Nachhaltigkeitsstrategie 2012). Außerdem kann die Stärkung der allgemeinen Gesundheitskompetenz zu einem verbesserten Gesundheitszustand der gesamten Bevölkerung beitragen.

Bereits gut verankert sind Maßnahmen rund um Schwangerschaft und Geburt, wie sie im Mutterpass und dem Untersuchungs-Heft für die Kinder festgehalten werden. Auch der Wert von Impfungen für den Einzelnen wie für die Gesellschaft ist über 90 Prozent der Bevölkerung bewusst. Ebenso ist in allen Altersgruppen das Bewusstsein für die Bedeutung der Mundgesundheit breit verankert. Allerdings stecken noch viele ungenutzte Möglichkeiten für ein besseres Gesundheitsverhalten in Kindergärten, Schulen, Ausbildung und am Arbeitsplatz sowie im weiteren Leben. Der Zusammenhang zwischen Bildung und Lebenserwartung ist eindeutig.

Eine bessere Gesundheitskompetenz kann auch ein wichtiger Baustein sein, um gesundheitliche Ungleichheiten in der Gesellschaft zu verringern. Wir brauchen wirksame, zielgerichtete Maßnahmen zur Förderung von Gesundheitskompetenz, die die gesellschaftlichen Bedingungen des Erwerbs von Fähigkeiten stärken sowie bestehende Schwierigkeiten und Hemmnisse abbauen. Benachteiligte Bevölkerungsgruppen erfordern dabei besondere Beachtung. Das ist eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe.

Diesen Zielen dient die Bildung einer Allianz für Gesundheitskompetenz. Erstmalig bringt sie alle wichtigen Beteiligten im Gesundheitswesen in dem gemeinsamen Anliegen zusammen, die Gesundheitskompetenz in Deutschland zu verbessern und so auch das Wohlergehen aller Bürgerinnen und Bürger zu fördern. Sie kann sich dabei auf eine Fülle bestehender Ansätze, Instrumente und Initiativen stützen, die im deutschen Gesundheitswesen zur Stärkung der Gesundheitskompetenz und der informierten und gemeinsamen Entscheidungsfindung bereits erfolgreich angewandt werden. In diesem Zusammenhang sind z.B. im Nationalen Krebsplan wesentliche Eckpunkte für die praktische Umsetzung der informierten und gemeinsamen Entscheidungsfindung entwickelt worden. Zudem hat der 118. Deutsche Ärztetag durch seine Beschlüsse für eine bessere und gezieltere Förderung der Kommunikation, insbesondere im Hinblick auf das Arzt-Patienten-Verhältnis, ein deutliches Signal gesetzt.

Die ärztlichen und zahnärztlichen Organisationen sowie die Apotheken, die Krankenhäuser, Krankenkassen, Selbsthilfegruppen und -organisationen, die Präventionsfachstellen im Suchtbereich, die Verbraucherzentralen, aber auch Universitäten und Verbände bieten umfassende und neue Informationsangebote an. Dazu gehören u.a. sogenannte strukturierte Behandlungsprogramme, Faktenboxen, Internetportale, Patientenschulungen, E-Learning-Modelle, Apps, Coachings oder besondere Bildungsangebote wie etwa die Patientenuniversität. Projekte wie der „Nationale Aktionsplan Gesundheitskompetenz“ befassen sich mit der Wirksamkeit und den (neuen) Möglichkeiten der Vermittlung einer verbesserten Gesundheitskompetenz.

Geeignete Ansätze und Maßnahmen, die in anderen Ländern wie den Niederlanden, Dänemark, der Schweiz oder den USA erfolgreich angewandt werden, können für das deutsche Gesundheitswesen Vorbilder sein. Auch die Weltgesundheitsorganisation sowie deren Europäisches Regionalbüro betonen die Notwendigkeit zur Förderung der Gesundheitskompetenz durch ressort- und organisationsübergreifende Maßnahmen für mehr Gesundheit und Wohlbefinden. Darüber hinaus ist die informierte und gemeinsame Entscheidungsfindung auch gesetzlich verankert, etwa im Patientenrechtegesetz, im Gesetz zur Weiterentwicklung der Krebsfrüherkennung und zur Qualitätssicherung durch klinische Krebsregister, im Gendiagnostikgesetz und im Präventionsgesetz.

Gründung

Bei ihrem Treffen am 19. Juni 2017 in Berlin haben sich

  • das Bundesministerium für Gesundheit
  • die Gesundheitsministerkonferenz der Länder
  • der Beauftragte der Bundesregierung für die Belange der Patientinnen und Patienten sowie Bevollmächtigter für Pflege
  • die Bundesärztekammer
  • die Bundeszahnärztekammer
  • die ABDA – Bundesvereinigung Deutscher Apothekerverbände e.V.
  • die Bundesarbeitsgemeinschaft SELBSTHILFE von Menschen mit Behinderung, chronischer Erkrankung und ihren Angehörigen e.V.
  • die Deutsche Krankenhausgesellschaft
  • der Deutsche Pflegerat e.V.
  • der Gemeinsame Bundesausschuss
  • der GKV-Spitzenverband
  • die Kassenärztliche Bundesvereinigung
  • die Kassenzahnärztliche Bundesvereinigung
  • der Verband der Privaten Krankenversicherung e.V.
  • der Verbraucherzentrale Bundesverband e.V.

darauf verständigt, eine Allianz für Gesundheitskompetenz zu bilden. Diese Allianz ist eine Kooperations- und Koordinierungsinitiative. Sie dient der Stärkung der allgemeinen Gesundheitskompetenz, der besseren Kommunikation zwischen den im Gesundheitswesen Tätigen und den Patientinnen und Patienten sowie der informierten und gemeinsamen Entscheidungsfindung. Die Beteiligten erarbeiten für ihren jeweiligen Zuständigkeits- und Regelungsbereich entsprechende Empfehlungen und Maßnahmen zu den unten dargestellten drei Handlungsfeldern und setzen diese nach Information der anderen Beteiligten in ihrem Bereich eigenverantwortlich um.

Dazu gehören insbesondere

1. die Unterstützung der Durchführung regelmäßiger umfassender Untersuchungen zum Gesundheitsinformationsbedarf und Informationsverhalten. Das gilt vor allem für Menschen mit geringer Gesundheitskompetenz. Auf dieser Grundlage werden zielgruppengerechte und an die Lebenswelten angepasste Gesundheitsinformationsangebote und Maßnahmen der Gesundheitsbildung mit dem Ziel der Förderung von Gesundheitskompetenz entwickelt und umgesetzt.

2. der Aufbau eines nationalen digitalen Gesundheitsportals, das der Vernetzung bestehender qualitätsgesicherter Angebote dient. Ziel soll es sein, den Zugang zu wissenschaftlich überprüften Gesundheitsinformationen von der primären Prävention über die Behandlung bis hin zur Nachsorge und Palliativmedizin zu ermöglichen. Das Bundesministerium für Gesundheit wird dieses Projekt in Abstimmung mit den auf diesem Feld maßgeblichen Einrichtungen und den Partnern der Allianz für Gesundheitskompetenz gezielt fördern und vorantreiben. Darüber hinaus sollen vorhandene Entscheidungshilfen angepasst und neue Informationen, die für den Nutzer von Bedeutung sind, entwickelt werden. Sie sollen im Gesundheitswesen so umgesetzt werden, dass eine regelmäßige Bewertung der Wirksamkeit möglich ist.

3. die Weiterentwicklung der Aus-, Weiter- und Fortbildung in den Gesundheitsberufen. Im Mittelpunkt steht die Entwicklung von Lehrplänen zur Verbesserung der kommunikativen Fähigkeiten und zielgruppengerechten Beratung in der Aus-, Weiter- und Fortbildung aller im Gesundheitswesen Tätigen. Dabei sollen Aspekte der besseren Kommunikation und gemeinsamen Entscheidungsfindung herausgestellt werden.

Zur Abstimmung wurde beim Bundesministerium für Gesundheit eine Steuerungsgruppe eingerichtet, der jeweils ein/e Vertreter/in der beteiligten Einrichtungen angehört. Die Steuerungsgruppe soll regelmäßig – mindestens einmal jährlich – tagen und die Ergebnisse der eingeleiteten Empfehlungen und Maßnahmen bewerten. Vorgesehen ist darüber hinaus eine wiederkehrende Veranstaltung, die die Arbeit der Allianz für Gesundheitskompetenz einer breiten Öffentlichkeit vorstellt und dazu beiträgt, die gewonnenen Erkenntnisse in der Fläche umzusetzen.

Zielsetzung

Die Allianz für Gesundheitskompetenz verfolgt vor diesem Hintergrund das Ziel, die bestehenden Ansätze und Maßnahmen der verschiedenen Einrichtungen im Gesundheitswesen zu bündeln, zu stärken und besser aufeinander abzustimmen. Zugleich sollen neue Ansätze und Maßnahmen – auch nach internationalen Vorbildern – entwickelt und bei nachgewiesener Zweckmäßigkeit angewandt werden. Ziel ist es, eine umfassende, bundesweite Strategie zur Förderung von Gesundheitskompetenz zu entwickeln. Dazu sollen auch weitere sozialpolitische und zivilgesellschaftliche Einrichtungen in die Strategien zur Stärkung der Gesundheitskompetenz eingebunden werden mit dem Ziel, bürgernahe Maßnahmen für die Menschen vor Ort zu entwickeln, umzusetzen und langfristig zu verankern.

Um dieses Ziel zu erreichen, werden drei Handlungsfelder für die Praxis ausgewählt:

1. Die allgemeine Gesundheitskompetenz der Bevölkerung durch Gesundheitsbildung stärken
Die Bürgerinnen und Bürger sollen in ihrer allgemeinen Informations- und Gesundheitskompetenz durch Maßnahmen der Gesundheitsbildung und Informationsbewertung gestärkt werden. Entsprechend sollen in allen Altersgruppen Kenntnisse zur Einschätzung, Bewertung und Nutzung von Gesundheitsinformationen vermittelt werden. Auch Wissen über Versorgungsprozesse und -strukturen sowie über die Vielzahl möglicher Hilfeangebote ist wichtig für die Vermittlung von Gesundheitskompetenz. Damit sollte bereits in jungen Jahren begonnen werden. So bieten sich insbesondere die Lebenswelten wie Kindertagesstätten, Schulen, Betriebe, Freizeit-, Erwachsenenbildungs-, Gesundheits- oder Senioreneinrichtungen an, um die Bürgerinnen und Bürger zu erreichen. Gesundheitskompetenz sollte Bestandteil von Bildungs- und Lehrplänen von Kindertagesstätten, allgemeinbildenden Schulen und Weiter- und Fortbildungseinrichtungen sein. Medien sollten so gestaltet sein, dass sie den Zugang zu qualitativ hochwertiger, transparenter und zuverlässiger Information ermöglichen. Mit der Förderung des gesundheitsorientierten Handelns sollen die Menschen so in die Lage versetzt werden, ihre gesundheitlichen Anliegen wahrzunehmen und zu vertreten.

2. Wissenschaftlich abgesicherte Informationsangebote – insbesondere im Internet – bündeln und allgemein verständlich aufbereiten
Informationen zur Gesundheit und zum Gesundheitswesen sollen laufend gesammelt, gesichtet, aktualisiert, an den anerkannten Stand des Wissens angepasst, ergänzt und in der Umsetzung bewertet werden. Sie sollen insbesondere digital gebündelt und verständlich aufbereitet werden. Die Vielschichtigkeit des Gesundheitswesens soll für die Bürgerinnen und Bürger dadurch verständlicher und das Angebot an Informationen besser als Grundlage für Entscheidungen jedes Einzelnen nutzbar gemacht werden. In diesem Zusammenhang ist es auch notwendig, wissenschaftlich gesicherte und zugleich allgemeinverständliche Entscheidungshilfen, gerade auch für Patientengruppen mit geringem Gesundheitswissen, zu entwickeln und zu verbreiten. Dabei sollen zielgruppengerechte Informationsangebote in einem angemessenen und bedarfsgerechten Text-Bild-Verhältnis bereitgestellt werden. Die Informationen sollen für die Patientinnen und Patienten leicht auffindbar sein.

3. Die Kommunikationskompetenz in der Aus-, Weiter- und Fortbildung fördern
Die Aus-, Weiter- und Fortbildung aller im Gesundheitswesen Tätigen soll sich stärker als bisher im Sinne der oben dargestellten allgemeinen ethischen Werte an allgemein verständlicher Kommunikation, an „sprechender Medizin“ und adressatenangemessener Informationsvermittlung ausrichten. Von der Ausbildung bis zum Versorgungsalltag sollen geeignete Maßnahmen zur Verbesserung der kommunikativen Kompetenzen getroffen werden. Dies bezieht sich auf jede Form der Beratung, Information und Aufklärung in der Behandlung sowie in der primären, sekundären und tertiären Prävention. Dazu gehört, umfassend und leicht verständlich über Vor- und Nachteile sowie mögliche Risiken von Diagnostik und Therapie aufzuklären sowie über Früherkennungs- und Untersuchungsmethoden und Therapien unabhängig, wissenschaftlich begründet und umfassend zu beraten. Hierzu sind geeignete Rahmenbedingungen in allen Gesundheitseinrichtungen zu schaffen.

Förderung der digitalen Gesundheitskompetenz

Der Gesetzgeber hat 2019 im Zusammenhang des „Gesetzes für eine bessere Versorgung durch Digitalisierung und Innovation“ den gesetzlichen Krankenkassen die Möglichkeit gegeben, im Rahmen von Satzungsleistungen digitale Gesundheitskompetenz der Versicherten zu fördern. Die Leistungen sollen dazu dienen, die für die Nutzung digitaler oder telemedizinischer Anwendungen und Verfahren erforderlichen Kompetenzen zu vermitteln.

Aus der Sicht der BAG SELBSTHILFE ist es zwar zu begrüßen, dass die Gesundheitskompetenz von Versicherten im Umgang mit digitalen Angeboten gestärkt werden soll. Es bleibt jedoch abzuwarten, ob solche Regelungen für die Umsetzung getroffen werden, dass alle Versicherten, auch bisher schwer erreichbare Zielgruppen, von den Fördermöglichkeiten profitieren können.

Arbeitshilfe - Gesundheitskompetenz von chronisch kranken und behinderten Menschen stärken

Diese Arbeitshilfe  Dieses Dokument in neuem Tab öffnen und vorlesen unterstützt Sie im Umgang mit dem Thema Gesundheitskompetenz. Anhand von Good-Practice Beispielen mit entsprechenden Links finden Sie Anregungen, wie Sie das Thema in Ihrem Verband noch weiter fördern können. Ein Mustervortrag soll bei der innerverbandlichen Diskussion des Themas helfen.

Gesundheitskompetenz und Patientenberatung

Die Patientenberatung durch die Selbsthilfe ist von dem Ziel getragen, sowohl die Patientenautonomie als auch die Gesundheitskompetenz der Ratsuchenden zu stärken. Leider ist das System der Patientenberatung in Deutschland insgesamt noch optimierungsbedürftig. Lesen Sie hierzu die folgende Stellungnahme  Dieses Dokument in neuem Tab öffnen und vorlesen.

Die Neuaufstellung der Unabhängigen Patientenberatung (UPD) - die gemeinsame Erklärung der maßgeblichen Organisationen für die Wahrnehmung der Interessen der Patientinnen und Patienten und der Selbsthilfe chronisch kranker und behinderter Menschen auf Bundesebene  Dieses Dokument in neuem Tab öffnen und vorlesen

Mitgliedschaft in der Bundesvereinigung Prävention und Gesundheitsförderung e.V.

Die BAG SELBSTHILFE ist Mitglied der Bundesvereinigung Prävention und Gesundheitsförderung e.V. (BVPG).

Die BVPG vertritt Organisationen, vor allem Bundesverbände des Gesundheitswesens, die einen Arbeitsschwerpunkt im Bereich 'Prävention und Gesundheitsförderung' aufweisen (z.B. die Bundesärztekammer, die Spitzenverbände der Krankenkassen sowie Verbände der Heil- und Hilfsberufe, aber auch Bildungseinrichtungen und Akademien).

Ziel der BVPG ist der Einsatz für Strukturerhalt und Strukturverbesserungen in dem Bereich Prävention und Gesundheitsförderung in Deutschland. Durch die aktive Mitwirkung in zentralen Gremien des Bundes hat die BVPG einen maßgeblichen Anteil an der fachlichen und politischen Diskussion und an der praktischen Umsetzung der Prävention und Gesundheitsförderung in Deutschland. Thematisch wird ein Schwerpunkt auf die Themen Digitalisierung in der Prävention und Gesundheitsförderung sowie nichtübertragbare Krankheiten (non-communicable diseases, NCDs) gelegt.

Web: www.bvpraevention.de