Praxisgebühr muss fallen: Diskussion gestorben obwohl Patienten immer noch Milliardenüberschüsse der Krankenkassen finanzieren?

BAG SELBSTHILFE e.V. fordert Abschaffung von Zuzahlungen der PatientInnen.

Nach dem der erste Medienhype abgeebbt ist, scheint auch die Politik nichts mehr von den 5 Milliarden Überschüssen, die gesetzlichen Krankenkassen durch Beiträge der Versicherten erwirtschaftet haben, zu wissen und stellt sich auch angesichts der Forderungen von Patientenvertretern und niedergelassenen Ärzten bezüglich der Abschaffung der Praxisgebühr taub.

Die BAG SELBSTHILFE e.V. zeigt sich empört über diese Haltung und fordert angesichts der vollen Kassen Zuzahlungen der PatientInnen gänzlich abzuschaffen.

„Es ist schlichtweg unverständlich, warum an einem System festgehalten wird, das erwiesenermaßen einen teuren Verwaltungsapparat nach sich zieht und zudem sein Ziel verfehlt. Denn die durch die Praxisgebühr angestrebte Steuerungsfunktion hinsichtlich der Dezimierung der Anzahl der Arztbesuche greift nicht. Darüber hinaus verschlechtert die zusätzliche finanzielle Belastung den ohnehin schlechten Zugang chronisch Erkrankter aus einkommensschwachen Schichten zur medizinischen Versorgung und stärkt damit die soziale Ungleichheit“, kritisiert Dr. Martin Danner, Bundesgeschäftsführer der BAG SELBSTHILFE.

Einer 2009 veröffentlichten Studie des Münchener Helmholtz-Zentrums und der Bertelsmann-Stiftung zufolge liegt Deutschland hinsichtlich der Arztkontakte nach wie vor an der Spitze und weitere Auswertungen decken auf, dass durch die zusätzlichen Zahlungen vor allem Personen mit sehr niedrigem Einkommen wichtige medizinische Untersuchungen vermeiden, währen die Praxisgebühr keinerlei Steuerungsfunktion bei wohlhabenden Haushalten zeigt.

„Das ist nicht nur zutiefst unsozial, sondern wird auch für die Solidargemeinschaft unterm Strich teurer. Denn wenn behandlungsbedürftige Krankheiten verschleppt werden, belasten die Folgekosten das Gesundheitssystem zukünftig um ein Vielfaches der ursprünglichen Kosten, obwohl das vermeidbar wäre“, macht Dr. Martin Danner deutlich.

Gerade chronisch kranke Menschen sind durch die von ihnen zu leistenden erheblichen Zuzahlungen finanziell sehr belastet. Denn die so genannte Chroniker-Regelung, die besagt, dass die betroffenen PatientInnen nur bis maximal ein Prozent ihres Bruttoeinkommens Zuzahlungen zu leisten haben, erfasst nur teilweise die tatsächlichen Belastungen. Eigenanteile, wirtschaftliche Aufzahlungen und Mehrkosten werden nicht berücksichtigt. Das betrifft beispielsweise Kostenanteile beim Zahnersatz, private Eigenanteile etwa bei orthopädischen Schuhen, nicht-verschreibungspflichtige Medikamente (außerhalb der OTC-Liste), Sehhilfen sowie notwendige Hygieneartikel bzw. Kosmetika (etwa bei Organtransplantierten Sonnencremes mit hohem Lichtschutzfaktor).

„Die Belastungsgrenzen bei sehr niedrigem Einkommen ist hier schnell erreicht, deshalb nehmen insbesondere viele ältere Menschen wegen des damit verbundenen Bürokratieaufwandes oder weil sie ihre Rechte nicht kennen, die Chroniker-Regelung nicht in Anspruch. Gerade diese Gruppe hat dann unter Zuzahlungen und Praxisgebühr in besonderem Maße zu leiden“, so der Bundesgeschäftsführer der BAG-SELBSTHILFE.

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