Resolution: „Selbsthilfe fördern – Zusammenhalt stärken“

Selbsthilfegruppen und Selbsthilfeorganisationen sind für chronisch kranke und behinderte Menschen sowie ihre Angehörigen von unschätzbarem Wert.

Die gegenseitige Unterstützung unter Gleichbetroffenen verleiht jedem Einzelnen Kraft und Selbstbewusstsein. Die Beratungs- und Unterstützungsangebote der Selbsthilfe sind eine notwendige Ergänzung zur Gesundheitsversorgung und den übrigen Sozialsystemen.

Die Selbsthilfe hat längst auch digitale Angebote und Austauschformate entwickelt und bringt sich aktiv in den Prozess der Digitalisierung des Gesundheits- und Sozialwesens ein.

In einem Umfeld gesellschaftlicher Unsicherheit, eines immer komplexeren Gesundheits- und Sozialwesens sowie eines zunehmend anspruchsvolleren Beratungsbedarfs wird es für viele Selbsthilfegruppen zunehmend schwieriger, fachlich fundierte Angebote in Kleingruppen dauerhaft aufrechtzuerhalten. Oftmals ist eine Aufgabenteilung erforderlich, so dass sich die Selbsthilfegruppen auf den Austausch der Betroffenen untereinander konzentrieren, während die Klärung fachlicher Fragen von den Beratungsangeboten der Selbsthilfeorganisationen aufgegriffen werden.

Es ist von großer Bedeutung, dass Selbsthilfeorganisationen die Selbsthilfegruppen fachlich unterstützen, Gruppenleitungen schulen und begleiten sowie evidenzbasierte Materialien zur Verfügung stellen, um die Angebote in den Selbsthilfegruppen zu stärken.

Gerade die Selbsthilfearbeit im digitalen Raum kann nur gelingen, wenn Selbsthilfeorganisationen eine sichere und datenschutzkonforme digitale Infrastruktur für die Selbsthilfegruppen bereitstellen.

Dis alles kann nur auf der Basis einer wirkungsvollen Förderung der Selbsthilfe gelingen.

Die Selbsthilfeorganisationen chronisch kranker und behinderter Menschen sowie ihrer Angehörigen arbeiten auch untereinander intensiv zusammen, um eine wirkungsvolle Öffentlichkeitsarbeit und demokratische Willensbildungsprozesse für die gemeinsame Interessenvertretung zu organisieren.

Die Selbsthilfeorganisationen sind heute im Bereich der Patientenbeteiligung anerkannte Akteure im Gesundheitswesen.

Der demografische Wandel, der Klimawandel, der Fachkräftemangel, Migration und Digitalisierung sind übergreifende Herausforderungen, die von einzelnen Selbsthilfeorganisationen aufgrund ihrer Komplexität nicht allein bewältigt werden können. Es handelt sich um Querschnittsthemen, deren Bearbeitung nur im Rahmen gemeinsamer Selbsthilfestrukturen gelingen kann.

In indikationsübergreifenden Zusammenschlüssen kann ein solcher Austausch zwischen Selbsthilfeorganisationen strukturiert erfolgen. Auch diese Zusammenschlüsse sind ein bedeutsames Element der Selbsthilfebewegung in Deutschland. Die Landesarbeitsgemeinschaften der Selbsthilfe und die BAG SELBSTHILFE sind zentrale Bausteine dieser Bewegung und ein integraler Bestandteil der Selbsthilfe.

Zur Stärkung der Selbsthilfe ist es erforderlich:

  • Die Förderung der Selbsthilfe weiterzuentwickeln.
     
    • Die Verfahren sind unbürokratischer und transparenter zu gestalten.
       
    • Die Förderung muss die Bedarfe der Selbsthilfegruppen, der regionalen und bundesweiten Selbsthilfeorganisationen sowie der indikationsübergreifenden Zusammenschlüsse gleichermaßen berücksichtigen.
       
  • Die Selbsthilfe als wichtige Säule des ehrenamtlichen Engagements in Deutschland anzuerkennen.
     
    • Auch die Selbsthilfe muss in der Ehrenamtsförderung mitgedacht und berücksichtigt werden.
       
    • Steuerrechtliche, rentenrechtliche und sozialrechtliche Impulse sind erforderlich, um das Ehrenamt in der Selbsthilfe zu stärken. Es muss möglich sein, ehrenamtlich Engagierten in der Selbsthilfe ebenfalls Ehrenamtspauschalen zu gewähren.
       
  • Die Selbsthilfe als maßgebliche Kraft der Patientenbeteiligung im Gesundheitswesen und in der Pflege zu fördern.
     
    • Die Patientenbeteiligung im Gesundheitswesen und die Beteiligung Betroffener in der Pflege müssen weiterentwickelt werden.
       
    • Eine strukturelle Stärkung der Selbsthilfeorganisationen ist erforderlich, um Patientenvertreter*innen zu qualifizieren und die Umsetzung der Patientenbeteiligung zu koordinieren.
       
  • Die Selbsthilfe als kompetente Partnerin bei der Digitalisierung des Gesundheits- und Sozialwesens anerkennen.
     
    • Die Digitalisierung des Gesundheitswesens muss gezielt aus der Perspektive der Bürgerinnen und Bürger weiterentwickelt werden. Die Selbsthilfe kann sich genau hier mit großer Kompetenz einbringen.
       
    • Die Selbsthilfearbeit befindet sich bereits in einem dynamischen Digitalisierungsprozess. Die digitalen Räume der Selbsthilfe müssen künftig noch gezielter mit der digitalen Infrastruktur des Gesundheitswesens verknüpft werden.
       
  • Die Selbsthilfe als lebendigen Teil der demokratischen Zivilgesellschaft begreifen.
     
    • Kernelemente des Austauschs in Selbsthilfegruppen und Selbsthilfeorganisationen sind demokratische Willensbildungsprozesse. Die Selbsthilfebewegung steht für Inklusion, Teilhabe und gelebte Diversität.
       
    • Die Selbsthilfe muss daher in Initiativen zur Demokratieförderung und zum Schutz vor Diskriminierung eingebunden und entsprechend gefördert werden.
       
  • Die Selbsthilfe als notwendigen Partner einer partizipativen Gesundheitsförderung anzuerkennen und zu fördern.
     
    • Die Patientenbeteiligung in Forschungsvorhaben ist heute eine Fördervoraussetzung für viele Projekte der Gesundheitsforschung. Forschungskonsortien binden die Selbsthilfe daher zunehmend in ihre Vorhaben ein.
       
    • Auch für diese wichtige Aufgabe bedarf es einer strukturellen Förderung der Selbsthilfe.
       
  • Die Rolle der Selbsthilfe auf europäischer Ebene würdigen.
     
    • Die europäische Integration bringt mit sich, dass sowohl in der Forschung als auch in politischen Prozessen – wie etwa bei der Ausgestaltung des europäischen Gesundheitsdatenraums – die Expertise und die Grundsätze deutscher Selbsthilfeorganisationen unverzichtbar sind.
       
    • Die Selbsthilfe bedarf daher einer zusätzlichen Unterstützung, um sich auch auf europäischer Ebene qualifiziert einbringen zu können. Ohne eine angemessene Förderung würden diese Prozesse ohne deutsche Selbsthilfeakteure stattfinden – was weder zielführend noch wünschenswert wäre.

Düsseldorf / Berlin im April 2025

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