Stellungnahme zum Allgemeinen Eisenbahngesetz und zur Eisenbahnverkehrsordnung

Für die Möglichkeit zur Stellungnahme zu den o.g. Referentenentwürfen möchte die BAG SELBSTHILFE herzlich danken. Als Dachverband von 123 Bundesorganisationen der Selbsthilfe chronisch kranker und behinderter Menschen und von 12 Landesarbeitsgemeinschaften nehmen wir zu den o.g. Entwürfen wie folgt Stellung:

Zusammenfassende Bewertung:

Unter Zugrundelegung der neuen EU-Fahrgastrechteverordnung 2021/782 begrüßt es die BAG SELBSTHILFE ausdrücklich, dass auch im Allgemeinen Eisenbahngesetz (AEG) von der Möglichkeit gesetzlicher Anpassungen Gebrauch gemacht wird. So ist begrüßenswert, dass im Referentenentwurf des Bundesministeriums für Digitales und Verkehr und des Bundesministeriums der Justiz von der Option Gebrauch gemacht wird, Eisenbahnverkehrsunternehmen sowie Bahnhofsbetreibern die Einrichtung einer gemeinsamen, zentralen Anlaufstelle für Fahrgäste mit Behinderung oder eingeschränkter Mobilität vorzuschreiben. Des Weiteren wird begrüßt, dass Eisenbahnverkehrsunternehmen ihren Fahrgästen zukünftig die Möglichkeit der elektronischen Kommunikation für die Einreichung von Erstattungs- und Entschädigungsanträgen anbieten müssen. Auch ist zu begrüßen, dass Personen mit Behinderungen sowie Personen mit Mobilitätseinschränkungen unter bestimmten Umständen Fahrausweise im Zug ohne Aufpreis erwerben können.

Im Einzelnen nehmen wir zu den geplanten Neuregelungen wie folgt Stellung:

§ 10a AEG: „Zentrale Anlaufstelle für Personen mit Behinderungen und Personen mit eingeschränkter Mobilität“:

Aufgrund der bisherigen Rechtslage betreibt die Deutsche Bahn AG eine Mobilitäts- Servicezentrale (MSZ) als zentrale Einrichtung, bei der Menschen mit Behinderungen und Menschen mit Mobilitätseinschränkungen ihren Bedarf an Hilfe beim Aus-, Ein- oder Umsteigen anmelden können. Diese Einrichtung beruht jedoch lediglich auf freiwilligen Vereinbarungen zwischen Eisenbahnunternehmen und Bahnhofsbetreibern, denen nicht alle Unternehmen angehören. Durch die nunmehr gesetzliche Verankerung der Schaffung einer zentralen Anlaufstelle in § 10a (neu) AEG soll die Gewähr dafür gegeben werden, dass im Bedarfsfall auch nur noch ein einziger Ansprechpartner für die Organisation von Reisen kontaktiert zu werden braucht. Mit dieser gesetzlichen Verstetigung der Bildung einer zentralen Anlaufstelle ist nicht nur zukünftig die dauerhafte Existenz dieser zentralen Anlaufstelle mit Abdeckung aller Eisenbahnunternehmen sichergestellt, sondern es soll mit dieser gesetzlichen Verankerung auch Rechtssicherheit hergestellt werden. Rechtsfolge ist, dass die zukünftige zentrale Anlaufstelle demgemäß verpflichtet ist, ihre in Anlehnung an Art. 24 der EU-Fahrgastrechteverordnung 2021/782 festgeschriebenen Aufgaben im Hinblick auf das Erbringen von Hilfeleistungen nicht nur effizient sowie sachgerecht zu erfüllen, sondern auch sicherzustellen.

Die gesetzlich verankerte Verpflichtung einer Zusammenarbeit zwischen Eisenbahnverkehrsunternehmen und Bahnhofsbetreibern kann jedoch nach unserem Dafürhalten auch nur dann erfolgreich umgesetzt werden, indem in der neuen Regelung des § 10a Abs.1 AEG die Formulierung „…haben zusammenzuarbeiten..“ durch „müssen zusammenarbeiten“ zu ersetzen ist, denn es gibt in diesem Kontext keinen Ermessensspielraum, um tatsächlich bis zum 01.01.2025 eine zentrale Anlaufstelle einzurichten, welche von Dauer und zudem auch effizient betrieben werden soll.

Um diese Aufgaben umzusetzen, sind nach § 10a Abs.2 AEG richtigerweise auch die Eisenbahnverkehrsunternehmen sowie Bahnhofsbetreiber verpflichtet, ihre Informationen der zentralen Anlaufstelle unentgeltlich zur Verfügung zu stellen.

Mit dieser gesetzlichen Verstetigung einer zentralen Anlaufstelle soll eine Verbesserung der Gleichwertigkeit der Lebensverhältnisse für Menschen mit Behinderungen erreicht werden, mit dem Ziel, dass auch diese Personengruppe in einer selbstverständlichen Art und Weise zukünftig die gleichen Rechte auf Freizügigkeit genießt wie alle anderen Bürger auch.

§ 10a Abs. 5 AEG:

Nach diesem neu eingefügten Absatz soll das Eisenbahn-Bundesamt (EBA) als Durchsetzungsstelle Fahrgastrechte zukünftig für die Überwachung der Aufgabenerfüllung der zentralen Anlaufstelle für Menschen mit Behinderung oder eingeschränkter Mobilität zuständig sein. Die maßgeblichen inhaltlichen Kriterien ergeben sich aus Art. 24 der EU-Fahrgastrechteverordnung 2021/782.

Auch diese zukünftige Überwachung ist grundsätzlich zu begrüßen, d. h. das EBA hat nicht nur zu kontrollieren, dass die zentrale Anlaufstelle ihre - in Art. 24 der EU-Fahrgastrechteverordnung 2021/782 festgeschriebenen - Aufgaben ordnungsgemäß erfüllt, sondern es hat auch zu überwachen, ob die Eisenbahnverkehrsunternehmen den Fahrgästen eine barrierefreie elektronische Kommunikation zur Verfügung stellen. Das Aufgabenspektrum des EBA umfasst jedoch nicht nur die aktive Überwachung von Informationen sowie eine telefonische Überprüfung, sondern dazu gehört auch die Bearbeitung von Beschwerden seitens der Fahrgäste.

Unter Verweis auf Artikel 35 des EU-Fahrgastrechteverordnung 2021/782 ist in Abs.1 aufgeführt, dass die Mitgliedsstaaten für Verstöße gegen diese EU-Verordnung, welche unmittelbar und damit auch verbindlich in jedem Mitgliedsstaat Gültigkeit beansprucht, Sanktionen festlegen und die zu ihrer Anwendung erforderlichen Maßnahmen treffen. Solche Sanktionen müssen zudem wirksam, verhältnismäßig und abschreckend sein. Eine solche sanktionsrechtliche Vorschrift, wonach das EBA als nationale Durchsetzungsstelle auch Sanktionen - etwa in Form von Bußgeldern oder Entziehung einer Konzession im Wiederholungfalle – verhängen kann, vermissen wir in den Neuregelungen des Referentenentwurfes zum AEG.

§§ 12b und 12c AEG: „Elektronische Kommunikation bei Erstattungs- und Entschädigungsanträgen nach der Verordnung (EU) 2021/782, Nachweis der Behinderung“:

Gemäß diesen neu eingefügten Regelungen haben die Eisenbahnverkehrsunternehmen den Fahrgästen zum Einreichen von Erstattungs- sowie Entschädigungsanträgen in Anlehnung an die Artikel 18 und 19 der EU-Fahrgastrechteverordnung 2021/782 eine Form der barrierefreien Kommunikation in elektronischer Form zur Verfügung zu stellen. Mit dieser Erweiterung im AEG soll nunmehr zukünftig in besonderem Maße darauf geachtet werden, dass auch Personen mit Behinderungen sowie Personen mit eingeschränkter Mobilität Informationen in einem barrierefreien Format zur Verfügung stehen.

Eine solche Regelung ist ebenfalls nach unserer Ansicht zu begrüßen, allerdings sollte im neuen AEG explizit eine weitere Reglung dahingehend aufgenommen werden, dass sich die Anforderungen an eine umzusetzende Barrierefreiheit nach den entsprechenden Vorgaben im Behindertengleichstellungsgesetz (BGG), im Barrierefreiheitsstärkungsgesetz (BFSG) sowie in der Barrierefreien- Informationstechnikverordnung (BITV 2.0) zu orientieren haben.

Allein ein solcher Hinweis in der Begründung des Referentenentwurfes zum AEG reicht nach unserem Dafürhalten nicht aus.

Auch ist es in Anlehnung an die EU-Fahrgastrechteverordnung 2021/782 zu begrüßen, dass mit der Neuregelung des § 12c AEG Menschen mit Behinderungen zukünftig die Möglichkeit haben sollen, Fahrkarten im Zug ohne Aufpreis zu kaufen, wenn keine andere barrierefreie Möglichkeit besteht, um im Voraus eine Fahrkarte zu kaufen. Dieses nunmehr gesetzlich verankerte Recht für diese Personengruppe kann jedoch nach unserem Dafürhalten in der Praxis richtigerweise auch nur mit der Maßgabe umgesetzt werden, dass die Menschen mit Behinderungen einen amtlichen Nachweis der Behinderung vorlegen müssen, wobei nicht nur ein Schwerbehindertenausweis im Sinne des SGB IX anzuerkennen ist, sondern auch vergleichbare Dokumente aus anderen EU-Mitgliedstaaten.

Auch mit dieser Neuregelung eines Anspruchs zum Erwerb einer Fahrkarte im Zug soll den Menschen mit Behinderungen unter Bezugnahme auf die Grundsätze der UN-Behindertenrechtskonvention (UN-BRK) in Zukunft ein erleichtertes und damit spontaneres Reisen im Eisenbahnverkehr eröffnet werden.

§ 38 Abs. 10 AEG: „Anmeldung von Hilfeleistungen bei grenzüberschreitenden Fahrten“:

Gemäß des neu eingefügten Abs. 10 - in Anlehnung von Art. 24a Abs. 4 der EU-Fahrgastrechteverordnung 2021/782 - haben Menschen mit Behinderungen bei grenzüberschreitenden Verbindungen spätestens 36 Stunden vor dem Zeitpunkt, zu dem sie Hilfeleistung benötigen, Hilfebedarf anzumelden, sofern nicht die zentrale Anlaufstelle nach § 10a oder die beteiligten Unternehmen eine kürzere Frist zulassen. Diese Neuregelung soll laut Begründung des Referentenentwurfes zum Ziel haben, Schwierigkeiten zu vermeiden, welche auftreten würden, wenn am Zielbahnhof der Fahrt die verlängerte Frist gilt, der Reisende sich jedoch in Deutschland erst zur kürzeren Frist meldet.

In Anlehnung an Art. 24a Abs. 3 der EU-Verordnung 2021/782 reduziert sich bei Reisen innerhalb Deutschlands die Frist, bis zu der Menschen mit Behinderungen oder eingeschränkter Mobilität ihren Bedarf an Hilfeleistungen nach Art. 23 der EU-Verordnung angemeldet haben müssen, von den derzeit nach der Verordnung (EG) Nr. 1371/2007 geltenden 48 Stunden auf 24 Stunden.

Diese gesetzlich vorgeschriebenen Anmeldezeiten – sowohl für den innerdeutschen als auch für den grenzüberschreitenden Bahn-Reiseverkehr – mögen aufgrund vorhandener Defizite, wie beispielsweise nicht ausreichend vorhandenem Bahnpersonal, zurzeit noch erforderlich sein, um einen möglichst reibungslosen Ablauf für die Zurverfügungstellung von Hilfeleistungen zu erreichen; aber es muss nach unserer Auffassung jedenfalls mittelfristig das Ziel sein, dass auch für Menschen mit Behinderungen einschließlich für Menschen mit Mobilitätseinschränkungen ein spontanes Reisen – und zwar ohne vorherige Anmeldung von Hilfeleistungen! - mit der Bahn in Zukunft möglich ist.

Insoweit sind diese nach wie vor gesetzlich vorgeschriebenen Anmeldezeiten für das Erbringen von Hilfeleistungen für Menschen mit Behinderungen im Lichte der UN-Behindertenrechtskonvention (UN-BRK) kritisch zu sehen. Im Sinne einer gleichberechtigten Teilhabe - auch im Bereich der Mobilität – muss es Ziel sein, dass es zukünftig auch Menschen mit Behinderungen möglich ist, spontan eine Reise anzutreten, und zwar unabhängig davon, ob eine Reise innerhalb von Deutschland angetreten wird oder eine Reise mit Auslandsbezug. Es müssen in der Zukunft von Seiten der Bahnhofsbetreiber sowie der Eisenbahnunternehmen sämtliche Bestrebungen darauf gerichtet sein, alle zumutbaren Bemühungen zu unternehmen, um auch diesen Personen jederzeit eine zeitlich flexible Fahrt mit dem Zug zu ermöglichen. Bei diesen Bestrebungen ist allerdings nicht außeracht zu lassen, dass auch die EU-Mitgliedsstaaten mitziehen müssen.

Evaluierung der Neuregelung des § 10a AEG:

Was im Weiteren in der Begründung dieses Referentenentwurfes die Frage einer Evaluierung der Neuregelung des § 10 AEG über die zentrale Anlaufstelle angeht, so ist es grundsätzlich auch zu begrüßen, dass eine solche Evaluierung nach Inkrafttreten der Regelung durchgeführt wird.

Allerdings ist für die BAG SELBSTHILFE nicht nachzuvollziehen, warum erst nach Ablauf von fünf Jahren nach Inkrafttreten der Regelung eine solche Evaluierung durchgeführt werden soll. Unabhängig davon, dass eine wissenschaftliche Begleitung auch immer einen längeren Prozess darstellt, dürfte es nach unserem Dafürhalten notwendig sein, eine solche wissenschaftliche Begleitung schon zu einem früheren Zeitpunkt durchzuführen, um dann bei Auswertung der Studienergebnisse einschließlich etwaig durchgeführter Befragungen der Nutzer:innen gegebenenfalls eine gesetzliche Nachjustierung vornehmen zu können.

§ 1 EVO (Eisenbahnverkehrsordnung): “Anwendungsbereich“:

Zu begrüßen ist, dass in der neuen Fassung der Eisenbahnverkehrsordnung (EVO) in § 1 ein ausdrücklicher Verweis auf die anzuwendenden Vorschriften der EU-Fahrgastrechteverordnung 2021/782 verankert ist, mit der Folge, dass diese EU-VO in allen ihren Teilen verbindlich ist und insoweit in jedem Mitgliedsstaat unmittelbar gilt.

§ 2 II EVO: “Anwendung der EU-Verordnung 2021/782 für den Schienenpersonennahverkehr und für den Schienenpersonenverkehr zu historischen oder touristischen Zwecken“:

Nach dieser Vorschrift sind für Beförderungen zu historischen oder touristischen Zwecken nur die Artikel 13 und 14 der EU-Fahrgastrechteverordnung 2021/782 anzuwenden.

Zu kritisieren an dieser Norm ist zum einen, dass nicht definiert ist, welche Reisen genau unter die Begriffe zu „historischen oder touristischen Zwecken“ fallen, so dass unseres Erachtens ein ergänzender Absatz aufzunehmen ist, was per definitionem genau unter diese unbestimmten Rechtsbegriffe zu fassen ist. Unabhängig davon ist nach unserem Dafürhalten auch bei Bahnreisen zu „historischen“ oder zu „touristischen“ Zwecken vor dem Hintergrund der UN-BRK eine Reglung einzufügen, dass auch bei solchen Reisen vonseiten der Eisenbahnunternehmen auf jeden Fall angemessene Vorkehrungen im Sinne des § 7 Abs. 2 BGG herzustellen sind.

§§ 7, 8 EVO: “Entwertung von Fahrausweisen durch die Reisenden, Betreten des Bahnsteigs“:

Die vorgenannten Vorschriften in der neuen EVO, wonach Reisende verpflichtet sind, entsprechend der Beförderungsstrecke Fahrausweise zu entwerten und sich sofort von der Entwertung zu überzeugen, sofern der Tarif eine Entwertung vor Betreten des Bahnsteigs oder beim Betreten des Zuges vorschreibt sowie die Regelung, wonach Bahnsteige nur mit einem gültigen Fahrausweis oder nur mit einer gültigen Bahnsteigkarte betreten werden dürfen, sind nach unserem Dafürhalten Regelungen, die den Regelungen in der neuen EU-Fahrgastrechteverordnung 2021/782 entgegenstehen.

Gemäß den Vorgaben und Zielen in der EU-Fahrgastrechteverordnung 2021/782 soll gerade Menschen mit Behinderungen sowie Menschen mit Mobilitätseinschränkungen zukünftig die Möglichkeit gegeben werden, auch im Zug eine gültige Fahrkarte zu erwerben, vor dem Hintergrund der Tatsache, dass solche Menschen mit Beeinträchtigungen oftmals in der Realität gerade Barrieren bei der Fahrkartenbestellung bzw. beim Fahrkartenkauf vorfinden und somit keine andere barrierefreie Möglichkeit besteht, im Voraus eine Fahrkarte zu erwerben. Sie sind also darauf angewiesen, kurzfristig im Zug eine Fahrkarte ohne Aufpreis zu erwerben.

§ 12 II EVO: “Zusätzliche Rechte bei Verspätung im Schienenpersonennahverkehr“:

Gemäß der Regelung des § 12 II EVO kann ein Reisender, der bei Ausfall oder Unpünktlichkeit des von ihm gewählten Zuges die Fahrt zum vertragsgemäßen Zielort mit einem anderen Zug fortsetzt, vom Eisenbahnunternehmer als Vertragspartner Ersatz seiner erforderlichen Aufwendungen verlangen, allerdings für eine Beförderung nach Abs.1 Nr. 2 – sofern die vertragsgemäße Ankunftszeit in den Zeitraum zwischen 0:00 Uhr und 5:00 Uhr fällt und vernünftigerweise davon ausgegangen werden muss, dass der Reisende sonst mindestens 60 Minuten verspätet am Zielort ankommen wird, oder sofern es sich bei dem vom Reisenden gewählten Zug um die letzte fahrplanmäßige Verbindung des Tages handelt und der Reisende wegen des Ausfalles dieses Zuges den vertragsgemäßen Zielort ohne die Nutzung des anderen Verkehrsmittels nicht mehr bis um 24:00 Uhr erreichen kann - nur die erforderlichen Aufwendungen bis zu einem Höchstbetrag von 120,00 EUR.

Unseres Erachtens ist eine solch gesetzlich geregelte Deckelung bis zu einem Höchstbetrag von 120,00 EUR nicht gerechtfertigt, sondern im Gegenteil willkürlich festgesetzt. Die in § 12 I EVO genannten Konstellationen der Inanspruchnahme eines anderen Zuges bei Ausfall oder Verspätung des ursprünglich gebuchten Zuges fallen einzig und allein in den Verantwortungsbereich des Bahnunternehmers und können demzufolge dem Reisenden nicht zum Nachteil gereichen.

Wir regen insoweit an, auch für die in Abs. 1 Nr. 2 aufgeführten Fallkonstellationen als Aufwendungsersatz die tatsächlich entstandenen Kosten zugrunde zu legen.

§ 16 EVO: „Haftung“:

Was diese Reglung in der neuen EVO angeht, so ist lediglich normiert, dass die Eisenbahn für Reise- und Handgepäck als Verwahrer haftet.

Nach unserem Dafürhalten ist aus Gründen der Klarheit sowie Transparenz der Einschub eines weiteren Absatzes in Anlehnung an die neue EU-Fahrgastrechteverordnung 2021/782 angezeigt, wonach Eisenbahnunternehmen und Bahnhofsbetreiber auch für den Verlust, die Beschädigung von Mobilitätshilfen einschließlich Rollstühlen sowie für die Verletzung von Assistenzhunden haften, soweit sie diese Verluste bzw. Beschädigungen verursacht haben.

Schulung des Personals in Anlehnung an Art. 26 der EU-Fahrgastrechteverordnung

Auch wäre es nach unserem Verständnis begrüßenswert, wenn in Anlehnung an Art. 26 der EU-Fahrgastrechteverordnung 2021/782 ebenfalls eine ausdrückliche Regelung in der neuen EVO aufgenommen würde, was sowohl die Bereitstellung von genügend Bahnpersonal als auch die Schulung des Personals angehen. Gerade wenn Menschen mit Behinderungen und Personen mit eingeschränkter Mobilität bei ihren Reisen Hilfeleistungen in Anspruch nehmen müssen, ist es unseres Erachtens dringend angezeigt, dass zum einen in ausreichendem Maße Bahnpersonal zur Verfügung steht, sowohl vonseiten der Bahnhofsbetreiber als auch vonseiten der Eisenbahnunternehmer. Zum anderen muss das Bahnpersonal in Bezug auf die Bedürfnisse von Menschen mit Behinderungen und Personen mit eingeschränkter Mobilität entsprechend geschult werden, um gleiche Reisebedingungen sicherzustellen.

Auch sollte eine weitere Regelung – sozusagen als Auffangtatbestand - aufgenommen werden, dass, wenn ausnahmsweise weder der Zug noch der Bahnhof mit geschultem Personal ausgestattet sind, jedenfalls alle zumutbaren Bemühungen unternommen werden müssen, um diesem Personenkreis die Fahrt mit dem Zug zu ermöglichen.

Aktive Zusammenarbeit mit Selbstvertretungsorganisationen von Menschen mit Behinderungen:

Schlussendlich vermissen wir in der neuen Eisenbahnverkehrsordnung (EVO) ausdrückliche Regelungen, wonach Eisenbahnunternehmen sowie Bahnhofsbetreiber verpflichtet werden, aktiv mit Vertretungsorganisationen von Personen mit Behinderungen zusammenzuarbeiten, um die Barrierefreiheit von Verkehrsdiensten zu verbessern.

Die EU-Fahrgastrechteverordnung 2021/782 gibt in ihren Gründen eine solche ausdrückliche Empfehlung, die es nach unserem Dafürhalten auch umzusetzen gilt.

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