Stellungnahme zum Entwurf der Zwanzigsten Verordnung zur Änderung der Arzneimittelverschreibungsverordnung

Die BAG SELBSTHILFE sieht es kritisch, dass nach Anlage 1 die Kombination der Wirkstoffe Ibuprofen und Paracetamol aus der Verschreibungspflicht entlassen werden soll.

Bereits die Nichtverschreibungspflicht des Wirkstoffs Ibuprofen ist wegen des nicht unerheblichen Schädigungspotentials bei hoher und dauerhafter Einnahme ohne Aufsicht des Arztes umstritten und derzeit nur für bestimmte Packungsgrößen und Wirkstoffstärken vorgesehen. Gleichwohl findet offenbar – entgegen der Packungsbeilage – in der Praxis häufig eine wiederholte und dauerhafte Einnahme hoher Dosen statt, da die Patient*innen die Risiken des Wirkstoffes aufgrund der fehlenden Verschreibungspflicht unterschätzen.

Umso mehr besorgt die BAG SELBSTHILFE die Entlassung aus der Verschreibungspflicht für die Wirkstoffkombination. Denn zum einen besteht hier natürlich erst recht ein entsprechendes Schädigungspotential für die Patient*innen, insbesondere durch die beschriebene missbräuchliche dauerhafte Anwendung und die Verstärkung der Wirkung durch Erhöhung der Einzeldosen.

Zum anderen geht die BAG SELBSTHILFE auch von einem gewissen Suchtpotential durch die erhebliche schmerzstillende Wirkung der Kombination aus. Unter dem Gesichtspunkt des Patientenschutzes würde sie deswegen eine Fortsetzung der Verschreibungspflicht befürworten, zumal es sich um eine Kombination handelt, bei der die Nebenwirkungspalette noch nicht in dem Maße bekannt ist, wie dies bei den Einzelwirkstoffen der Fall ist.

Schließlich steht zu befürchten, dass die Entlassung aus der Verschreibungspflicht als Kollateralschaden zur Folge hat, dass in Zukunft mehr Opioide verschrieben werden. Denn dem Kombinationspräparat wird eine opioidähnliche Wirkung zugeschrieben: So war die Kombination aus Ibuprofen und Paracetamol nach Studienergebnissen fast so effektiv wie Oxycodon und Paracetamol. [1] Gleichzeitig haben Opioide ein noch deutlich höheres Suchtpotential, weswegen derzeit eine Behandlung mit der Wirkstoffkombination Paracetamol und Ibuprofen als sinnvolle Alternative zur Minimierung dieser Risiken angesehen wird. Das Problem: Wird die Kombination nunmehr aus der Verschreibungspflicht entlassen, steht zu befürchten, dass die Ärzte in Zukunft vermehrt Opioide verschreiben, um den Patient*innen die Selbstfinanzierung der Schmerzmittel zu ersparen. Dies wäre jedoch wegen des hohen Suchtpotentials der Opioide durchaus gefährlich für Patient*innen.

Vor diesem Hintergrund hält die BAG SELBSTHILFE eine Entlassung der Wirkstoffkombination aus Paracetamol und Ibuprofen nicht für sinnvoll und bittet um Abänderung des entsprechenden Entwurfs.

 


[1] Chang et alt. Bericht in Apotheke Adhoc, zit. nach www.apotheke-adhoc.de/nachrichten/detail/pharmazie/ibuprofen-paracetamol-opioid-effekt-kombi-so-gut-wie-opioide-studie/

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