Stellungnahme zum Entwurf einer Assistenzhundeverordnung (AHundV) des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales (Bearbeitungsstand: 19.08.2022)

Für die Möglichkeit zur Stellungnahme zu dem o.g. Verordnungsentwurf möchte die BAG SELBSTHILFE herzlich danken. Als Dachverband von 123 Bundesorganisationen der Selbsthilfe chronisch kranker und behinderter Menschen und von 12 Landesarbeitsgemeinschaften nehmen wir zu dem Verordnungsentwurf einer Assistenzhundeverordnung wie folgt Stellung

1. Zielsetzung des Verordnungsentwurfes

Mit diesem Verordnungsentwurf sollen die mit dem Teilhabestärkungsgesetz neu geschaffenen Regelungen zu Assistenzhunden in den §§ 12e ff. des Behindertengleichstellungsgesetzes (BGG) (Abschnitt 2b: Assistenzhunde) konkretisiert werden. Der Verordnungsentwurf, basierend auf der Verordnungsermächtigung nach § 12l BGG, soll folgende Bestimmungen umfassen:

Mit diesem Verordnungsentwurf sollen die mit dem Teilhabestärkungsgesetz neu geschaffenen Regelungen zu Assistenzhunden in den §§ 12e ff. des Behindertengleichstellungsgesetzes (BGG) (Abschnitt 2b: Assistenzhunde) konkretisiert werden. Der Verordnungsentwurf, basierend auf der Verordnungsermächtigung nach § 12l BGG, soll folgende Bestimmungen umfassen:

  • Anforderungen über die erforderliche Beschaffenheit des Assistenzhundes, insbesondere Wesensmerkmale, Alter und Gesundheit des auszubildenden Hundes sowie über die vom Assistenzhund zu erbringenden Unterstützungsleistungen. Dazu zählen erforderliche gesundheitliche Untersuchungen, charakterliche Eigenschaften des Hundes sowie die Definition der unterschiedlichen Unterstützungsleistungen, z.B. als Signal-Assistenzhund, Blindenführhund, Mobilitäts-Assistenzhund, Warn- und Anzeige-Assistenzhund sowie PSB-Assistenzhund (Assistenzhund für Menschen mit psychosozialen Beeinträchtigungen),
  • Regelungen über die Anerkennung von bereits vor Inkrafttreten der gesetzlichen Regelungen ausgebildeten Assistenzhunden einschließlich des Verfahrens,
  • Regelungen über die erforderliche Kennzeichnung des Assistenzhundes sowie zum Umfang des notwendigen Versicherungsschutzes. Dazu zählen insbesondere auch Regelungen über die Art der Kennzeichnung (Halsband, Plakette oder Kenndecke), die Aushändigung und Anbringung sowie zu den Mindestversicherungssummen,
  • Regelungen hinsichtlich der Anforderungen an eine artgerechte Haltung des Assistenzhundes,
  • Regelungen über den Inhalt der Ausbildung nach § 12f BGG, der Prüfung nach § 12g BGG sowie die Zulassung als Prüfer/Prüferin jeweils einschließlich des Verfahrens sowie des zu erteilenden Zertifikates; dazu zählen insbesondere die Ausbildungsinhalte, welche erforderlich sind, um die notwendige Eignung und Befähigung von Assistenzhund und Mensch-Assistenzhund-Gemeinschaft zu erzielen,
  • Regelungen zur Zulassung von Prüferinnen/Prüfern durch fachliche Stellen sowie der Prüfungsinhalt. Dadurch soll gewährleistet werden, dass die Prüfung nach vergleichbaren Maßstäben und Regeln erfolgt, bundeseinheitlich die gleichen Prüfungsinhalte bestehen sowie klar geregelt ist, wer Prüferin bzw. Prüfer sein kann,
  • Regelungen für die Akkreditierung als fachliche Stelle einschließlich des Verfahrens sowie nähere Voraussetzungen für die Zulassung als Ausbildungsstätte für Assistenzhunde einschließlich des Verfahrens,
  • Bestimmungen an die Sachkunde, die Zuverlässigkeit und Leistungsfähigkeit sowie das Vorhandensein eines Systems zur Qualitätssicherung.

2. Nachbesserungsbedarfe

Die BAG SELBSTHILFE und ihre Mitgliedsverbände begrüßen grundsätzlich das Verfassen sowie zeitnahe Inkrafttreten einer Assistenzhundeverordnung auf Grundlage der gesetzlichen Regelungen der §§ 12e ff. BGG, allerdings besteht nach unserem Dafürhalten in einigen Punkten ein Nachbesserungsbedarf:

a) „A. Problem und Ziel“ des Entwurfes

Unter diesem einführenden Abschnitt des Verordnungsentwurfes ist im 5. Satz ausgeführt: “Für Assistenzhunde, die als Hilfsmittel im Sinne des § 33 des Fünften Buches Sozialgesetzbuch gewährt werden, machen die gesetzlichen Regelungen Vorgaben zur Kennzeichnung und Haftpflichtversicherung.“

Somit werden nur Assistenzhunde erwähnt, welche als Hilfsmittel im Sinne des § 33 SGB V gewährt werden. Nach Ansicht der BAG SELBSTHILFE und ihrer Mitgliedsverbände, insbesondere des Deutschen Blinden- und Sehbehindertenverbandes e.V. (DBSV), sollen die gesetzlichen Vorgaben des BGG zur Kennzeichnung und Haftpflichtversicherung aber gerade für alle Assistenzhunde und Mensch-Assistenzhund-Gemeinschaften gelten, unabhängig davon, ob sie nun von einem Kostenträger finanziert und anerkannt sind oder nicht (vgl.: § 12e Absatz 6 BGG in Verbindung mit § 12l Nr. 3 BGG).

Es wird insoweit folgende Formulierung vorgeschlagen: „…Für alle Assistenzhunde im Sinne des § 12e Absatz 3 BGG machen die gesetzlichen Regelungen Vorgaben zur Kennzeichnung und Haftpflichtversicherung.“

b) Vorschlag einer Neufassung von § 1 – „Anwendungsbereich“  

Zudem sollte § 1 des Verordnungsentwurfes wie folgt neu gefasst werden:

„(1) Diese Verordnung gilt für Assistenzhunde im Sinne des § 12e Absatz 3 Satz 2 Nr. 1 des Behindertengleichstellungsgesetzes.

(2) Abweichend von Absatz 1 gelten

1. die §§ 2, 27, 28 Absatz 2, § 31 und 32 auch für Blindenführhunde und andere Assistenzhunde, die als Hilfsmittel im Sinne des § 33 des Fünften Buches Sozialgesetzbuch gewährt werden oder gewährt worden sind,

2. die §§ 2, 26, 28 Absatz 1, 29 bis 32 auch für Assistenzhunde im Sinne des § 12e Absatz 3 Satz 2 Nummer 3 des Behindertengleichstellungsgesetzes sowie

3. die §§ 2, 25, 28 Absatz 1, 29 bis 32 auch für Assistenzhunde im Sinne des § 12e Absatz 3 Satz 2 Nummer 4 des Behindertengleichstellungsgesetzes.“

Begründung:

Nach Absatz 1 des Verordnungsentwurfs soll die Verordnung für Assistenzhunde im Sinne des § 12e Abs. 3 BGG gelten. § 12e Absatz 3 Satz 1 BGG definiert den Begriff Assistenzhund allgemein („Ein Assistenzhund ist …“). § 12e Absatz 3 Satz 2 Nummern 1 bis 4 BGG zählt konkret die unterschiedlichen Fallgruppen auf, in denen diese Anforderungen erfüllt sind (Zertifizierung bzw. Anerkennung, jeweils nach entsprechender Ausbildung und Prüfung des Hundes sowie der Gemeinschaft aus Mensch mit Behinderungen und Hund als Mensch-Assistenzhund-Gemeinschaft).

Weil die Verordnung nach dem Wortlaut von Absatz 1 auf Assistenzhunde im Sinne der Konkretisierungen in § 12e Absatz 3 Satz 2 Nummer 1 bis 4 BGG anwendbar ist, sind die Regelungen, wie sie aktuell in § 1 Abs. 2 formuliert sind, keine Abweichungen von Absatz 1. Dieses Ergebnis war sicher so nicht beabsichtigt. Sinn und Zweck der Regelung in Absatz 2 soll offenbar sein, dass für die dort in den Nummern 1 bis 3 benannten Assistenzhunde nicht sämtliche, sondern nur jeweils ausgewählte Vorschriften der Verordnung gelten sollen. In ihrem vollen Umfang soll die Verordnung offenbar nur für Assistenzhunde im Sinne des § 12e Absatz 3 Satz 2 Nr. 1 BGG gelten.

Dieser alternative Formulierungsvorschlag berücksichtigt zugleich eine redaktionelle Anpassung, konkret auch eine korrekte Zitierung von § 28 des Entwurfes.

Begründung:

Nach Absatz 1 des Verordnungsentwurfs soll die Verordnung für Assistenzhunde im Sinne des § 12e Abs. 3 BGG gelten. § 12e Absatz 3 Satz 1 BGG definiert den Begriff Assistenzhund allgemein („Ein Assistenzhund ist …“). § 12e Absatz 3 Satz 2 Nummern 1 bis 4 BGG zählt konkret die unterschiedlichen Fallgruppen auf, in denen diese Anforderungen erfüllt sind (Zertifizierung bzw. Anerkennung, jeweils nach entsprechender Ausbildung und Prüfung des Hundes sowie der Gemeinschaft aus Mensch mit Behinderungen und Hund als Mensch-Assistenzhund-Gemeinschaft).

Weil die Verordnung nach dem Wortlaut von Absatz 1 auf Assistenzhunde im Sinne der Konkretisierungen in § 12e Absatz 3 Satz 2 Nummer 1 bis 4 BGG anwendbar ist, sind die Regelungen, wie sie aktuell in § 1 Abs. 2 formuliert sind, keine Abweichungen von Absatz 1. Dieses Ergebnis war sicher so nicht beabsichtigt. Sinn und Zweck der Regelung in Absatz 2 soll offenbar sein, dass für die dort in den Nummern 1 bis 3 benannten Assistenzhunde nicht sämtliche, sondern nur jeweils ausgewählte Vorschriften der Verordnung gelten sollen. In ihrem vollen Umfang soll die Verordnung offenbar nur für Assistenzhunde im Sinne des § 12e Absatz 3 Satz 2 Nr. 1 BGG gelten.

Dieser alternative Formulierungsvorschlag berücksichtigt zugleich eine redaktionelle Anpassung, konkret auch eine korrekte Zitierung von § 28 des Entwurfes.

c) § 8 „Ausbildungsziel und Ausbildungsinhalt, Ausbildungsstätte“

Der Punkt „Ausbildungsstätte“ wird in der Überschrift zu § 8 genannt, im Verordnungstext selbst wird hingegen nichts Näheres zu den Voraussetzungen des Bestehens als „Ausbildungsstätte“ geregelt. Aus diesem Grund sollte das Wort nach Ansicht der BAG SELBSTHILFE sowie ihrer Mitgliedsverbände aus der Überschrift gestrichen werden.

In Absatz 1 Satz 3 ist von der „Vermittlung der für den Menschen mit Behinderungen erforderlichen theoretischen Kenntnisse“ die Rede. Da Ausbildung, insbesondere im Falle der Selbstausbildung, auch umfasst, dass sich der Mensch mit Behinderungen diese Kenntnisse (selbstständig oder mit Unterstützung) aneignet, sollte hier „Vermittlung und Aneignung“ formuliert werden. Entsprechendes gilt für die anderen einschlägigen Passagen der Verordnung (z. B. Anlagen 4 und 6)

In Absatz 3 Satz 1 ist weiterhin geregelt, dass die Ausbildung frühestens beginnt, wenn der Hund zwölf Monate alt ist („…Die Ausbildung beginnt frühestens, wenn der Hund 12 Monate alt ist.“)

Diese Regelung würde im Hinblick auf die Ausbildung von Blindenführhunden zu einer Diskrepanz der Vorschriften von Assistenzhundeverordnung (AHundV) einerseits und des Hilfsmittelverzeichnisses des Spitzenverbandes der Gesetzlichen Krankenversicherung (Hilfsmittelverzeichnis) andererseits führen. Nach dem Hilfsmittelverzeichnis ist für den Beginn der Ausbildung zum Blindenführhund in der Regel ein Mindestalter von 15 Monaten vorgesehen. Diese Regelung im Hilfsmittelverzeichnis ist insbesondere deshalb überzeugend, weil der Hund besonders viele anspruchsvolle Aufgaben erlernen und im Ergebnis sicher ausführen muss. Er darf nicht in zu frühem Alter mit zu hohen Anforderungen konfrontiert werden. Wenn die Ausbildung früher beginnt, dann würde sie mit Blick auf die in § 18 des Verordnungsentwurfes avisierte Ausbildungsdauer auch früher enden. Die (soziale) Reife ist so früh noch nicht vorhanden. Es sind mehrere Fälle bekannt, in denen Hunde zu früh an Haltende abgegeben wurden, was zu Fehlversorgungen bzw. Abbruch der Zusammenschulung von Hund und Mensch geführt hat.

Die BAG SELBSTHILFE sowie auch der DBSV als Mitgliedsverband lehnen aus diesen vorgenannten Gründen deshalb einen Ausbildungsbeginn von 12 Monaten - zumindest für den Bereich der Blindenführhund-Versorgung - ab.

Es könnte insoweit wie folgt formuliert werden:

„(3) Die Ausbildung beginnt in den Fällen des § 3 Absatz 1 Nrn. 2 bis 5 frühestens, wenn der Hund 12 Monate alt ist und im Falle des § 3 Absatz 1 Nr. 1 frühestens, wenn der Hund 15 Monate alt ist.

In Absatz 3 Satz 2 sollten nach dem Wort „anzuwenden“ die Wörter „und zu vermitteln“ eingefügt werden.

Begründung:

Bei der Ausbildung der Mensch-Assistenzhund-Gemeinschaft geht es nicht zuletzt darum, Methoden an den Menschen mit Behinderungen und ggf. an eine Bezugsperson (§ 9) zu vermitteln. Die Ergänzung trägt diesem Umstand Rechnung.

In Absatz 3 Satz 3 ist geregelt, welche Ausbildungsmethoden anzuwenden sind. Hier gibt es eine Diskrepanz zur korrespondierenden Formulierung in Anlage 8 (Zulassung von Ausbildungsstätten). Aus diesem Grund wird vorgeschlagen, in § 8 Absatz 3 Satz 3 des Entwurfes vor dem Wort „entsprechen“ die Wörter „und Lerntheorien“ einzufügen.

In der Begründung zur Verordnung sollte zudem wie folgt ergänzt werden:

Zu Absatz 1: „In allen Abschnitten der Ausbildung der Assistenzhund-Gemeinschaft (Einarbeitung, Assistenzhund-Training, Nachsorge) muss das Training den Bedarfen, Ressourcen und Möglichkeiten der Assistenzhund-Gemeinschaft angepasst stattfinden. Trainingsmethoden sind so zu wählen, dass sie von dem Menschen mit Behinderungen im Hinblick auf seine körperlichen, kognitiven und psychischen Ressourcen, seine ethischen Überzeugungen und sein soziales Umfeld anwendbar sind.“

zu Satz 3: „Die Unterweisung hat didaktisch sinnvoll zu erfolgen, Erkenntnisse und Methoden der Pädagogik und Psychologie sind anzuwenden.“ 

Zu Absatz 3 Satz 2: „Für die Ausbildung zum Assistenzhund sind die dem aktuellen Stand der Wissenschaft und den Lerntheorien entsprechenden Methoden anzuwenden. Erkenntnisse über das Verhalten von Hunden sowie artgerechte Mittel und Methoden der Hundeerziehung und des Hundetrainings müssen handlungsleitend sein. Erziehung und Training sind tierfreundlich auf der Grundlage von kleinen Lernschritten, positiver Verstärkung (Belohnung) und Erfolgserlebnissen zu gestalten (klassische und instrumentelle Konditionierung). Der Hund wird während der Ausbildung gefordert, darf aber nicht überfordert werden. Es dürfen nur solche Methoden und Mittel verwendet werden, die nicht zu Schmerzen, Schäden, Leiden oder zu Angst führen können. Zu Methoden und Mitteln, die zu Schmerzen, Schäden, Leiden oder Angst des Hundes führen können, zählen insbesondere:

Methoden: „Alphawurf“, „Alpharolle", „Nackenschütteln", „Würgen", „Aushängen“, „Leinenreißen“, „Leinerucke“, Werfen mit Wurfketten, Wurfscheiben, Rütteldosen oder Ähnlichem, Kneifen, Schläge, Tritte, Besprühen mit Flüssigkeiten, Erzeugen von für den Hund aversiven Geräuschen und andere körperliche Bestrafungen.

Mittel: Stachelhalsbänder, Elektroreizgeräte, Würgehalsbänder ohne Zugstopp, Erziehungsgeschirre mit Zugwirkung unter den Achselhöhlen, Wurfketten, Wurfscheiben, Rütteldosen oder ähnliche harte oder laute Gegenstände, BellStop-Geräte/Sprühhalsbänder oder „unsichtbare“ Zäune, Führwagen nach Uexküll/Sarris/Brüll.

d) § 13 „Bedarf für einen Assistenzhund (Bedarfsprüfung)“

Nach Ansicht der BAG SELBSTHILFE sowie ihrer Mitgliedsverbände ist die Vorschrift des § 13 des Verordnungsentwurfes missverständlich formuliert:

Gemäß § 13 Abs. 1 Nrn. 1 und 2 AHundV prüft die Ausbildungsstätte so früh wie möglich, ob der Mensch mit Behinderungen Bedarf für einen Assistenzhund hat, spätestens jedoch vor der gemeinsamen Schulung von Mensch und Hund. Der Bedarf liegt dann vor, wenn der Mensch mit Behinderungen gegenüber der Ausbildungsstätte darlegt, dass er zum einen die Voraussetzungen des § 3 BGG erfüllt und zum anderen einen Assistenzhund benötigt, der ihm die selbstbestimmte Teilhabe am gesellschaftlichen Leben ermöglichen, erleichtern oder der Assistenzhund behinderungsbedingte Nachteile ausgleichen kann.

Begründung:

In der jetzigen Formulierung des vorgelegten Verordnungsentwurfes kann diese Regelung dahingehend missverstanden werden, dass die Ausbildungsstätte selbst mit dieser Bedarfsprüfung über das „Ob“ der Leistungsgewährung entscheidet, dies wäre jedoch aus mehreren Gründen nicht nachvollziehbar. Zum einen sollte eine Prüfung über die Gewährung einer Leistung dem Kostenträger, d. h. z.B. dem Träger der Eingliederungshilfe oder der Krankenkasse vorbehalten bleiben. Konkret bedeutet dies, dass eine solche Regelung grundsätzlich in der Assistenzhundeverordnung (AHundV) unterbleiben sollte, da Regelungen zur Kostenübernahme von Assistenzhunden bzw. deren Ausbildung nicht vom Regelungsauftrag des Verordnungsgebers gedeckt sind. Zum anderen dürfte die Ausbildungsstätte auch nicht über die notwendige Fachkunde verfügen, um eine umfassende Prüfung des behinderungsbedingten Bedarfs vornehmen zu können. Dem Träger der Eingliederungshilfe steht diesbezüglich das Gesamtplanverfahren zur Verfügung und die Krankenkasse kann auf die Kompetenz des Medizinischen Dienstes zurückgreifen.

Es sollte daher in der Begründung der Verordnung eine klare Ergänzung dahingehend aufgenommen werden, dass die Ausbildungsstätten keine Bedarfsermittlung im Sinne des SGB IX oder sonstiger Sozialleistungsträger vornehmen dürfen.

e) § 18 „Anmeldung zur Prüfung“

Nach Absatz 1 Satz 2 des Entwurfes der AHundV muss der Hund zum Zeitpunkt der Prüfung mindestens 18 Monate alt sein. Das würde bezüglich der Ausbildung von Blindenführhunden zu einer Diskrepanz der Vorschriften von AHundV einerseits und Hilfsmittelverzeichnis der GKV andererseits führen.

Begründung:

Aus den Regelungen des Hilfsmittelverzeichnisses ergibt sich, dass der Hund bereits bei Abschluss der Ausbildung, also noch vor der Zusammenschulung mit dem blinden oder hochgradig sehbehinderten Menschen, in der Regel zwischen 21 und 23 Monaten alt ist. Die Regelungen des Hilfsmittelverzeichnisses sind insofern plausibel, weil der auszubildende Hund genügend Zeit haben muss, um Hilfeleistungen zu lernen und vor allem zu generalisieren. Darüber hinaus muss er auch die notwendige soziale Reife besitzen, um die Hilfeleistungen anwenden zu können.

Aus diesem Grund plädieren sowohl die BAG SELBSTHILFE als auch der DBSV als Mitglied zumindest für den Bereich der Blindenführhund-Versorgung dafür, dass es für das Mindestalter bei der Anmeldung zur Prüfung eine Ausnahmeregelung gibt. Die Regelungen sollten dabei zu den gleichen Ergebnissen wie im Hilfsmittelverzeichnis führen.

Vor diesem Hintergrund könnte § 18 Abs. 1 Satz 2 AHundV wie folgt formuliert werden:

„Ein Assistenzhund im Sinne des § 3 Absatz 1 Nrn. 2 bis 5 muss zum Zeitpunkt der Prüfung mindestens 18 Monate und im Falle des § 3 Absatz 1 Nr. 1 mindestens 22 Monate alt sein.“

In Absatz 1 Satz 4 muss die Angabe „§ 34 Absatz 1“ durch die Angabe „§ 35 Absatz 1“ („Akkreditierung von Prüfern, Einbeziehung von Fachprüfern“) ersetzt werden. In Absatz 1 Satz 5 sollte in Nr. 1 hinsichtlich der Bezugsperson auf § 9 („Einbeziehung einer Bezugsperson in die Ausbildung“) verwiesen werden.

Nr. 2 sollte wie folgt neu gefasst werden:

„Angaben zum Hund (§ 2 Nr. 10)“

f) § 24 „Zurückziehung der Zertifizierung“

Nach Ansicht der BAG SELBSTHILFE einschließlich ihrer Mitgliedsverbände stellt sich diese Regelung in dem vorliegenden Verordnungsentwurf als problematisch dar.

Begründung:

Es fehlen zum einen Regelungen zu Anhörungsrechten des Menschen mit Behinderungen, welcher Rechtsweg einzuhalten ist und zum anderen, welche Vorgaben insoweit verwaltungsrechtlich gelten. Anzumerken ist in diesem Kontext, dass es sich bei der Entziehung des Zertifikates um einen Verwaltungsakt handelt, welcher Einschränkungen der Teilhabemöglichkeiten von Menschen mit Behinderungen nach sich zieht, denn sie können in der Folge zu Einrichtungen im Sinne von § 12e Abs. 1 BGG ohne Assistenzhund nicht mehr selbstbestimmt gelangen und diese nutzen.

Bei Ausgabe der Abzeichen müsste zudem eine Behörde für „Abzeichen/Kennzeichnungen“ eingerichtet werden. Gleiches gilt entsprechend für § 28 und § 29 des Verordnungsentwurfes betreffend die Regularien der Rücknahme.

g) § 28 „Verlängerung der Anerkennung und der Gültigkeit des Ausweises“

In Absatz 1 Satz 1 sollten klarstellend nach den Wörtern „einer Anerkennung“ die Wörter „nach § 25 oder 26“ eingefügt werden.

Laut des vorliegenden Verordnungstextes gelten unterschiedliche Maßstäbe für die Verlängerung der Zertifizierung (§ 23) einerseits und der Anerkennung sowie der Gültigkeit des Ausweises (§ 28) andererseits:

Verlängerung der Zertifizierung: zweimalig um jeweils bis zu zwölf Monate (§ 23 Satz 1)

Verlängerung von Anerkennung bzw. Gültigkeit des Ausweises: eine Verlängerung um bis zu 18 Monate (§ 28 Absatz 1 Satz 1 bzw. § 28 Absatz 2 in Verbindung mit Absatz 1)

In diesem Kontext ist nach unserem Dafürhalten eine einheitliche Regelung erforderlich.

3. Auswahl einer Kennzeichnung nach Anlage 10 des Verordnungsentwurfes

Um eine Identifizierung von durch Träger anerkannte Assistenzhunde sowohl für Zutritt Gewährende als auch für Dritte zu ermöglichen, beinhaltet § 12e Abs. 4 BGG als gesetzliche Vorgabe eine Kennzeichnungspflicht für Assistenzhunde.   

Nach § 31 Abs. 2 des Entwurfes einer AHundV haben Menschen mit Assistenzhunden, die ihre Rechte gemäß § 12 Abs. 1 BGG wahrnehmen, ihren Hund mit einem Abzeichen zu kennzeichnen. Das Abzeichen ist auf einer Kenndecke, einem Hundegeschirr, am Halsband oder in sonstiger Weise am Assistenzhund zu befestigen. Abweichend von S. 1 kann die Kennzeichnung des Hundes auch durch das Vorzeigen des Ausweises erfolgen.

Im Hinblick auf eine geplante bundeseinheitliche Kennzeichnung aller Assistenzhunde sind dem Verordnungsentwurf nach Anl. 10 auch verschiedene Entwürfe beigefügt.

Die BAG SELBSTHILFE priorisiert anhand der vorliegenden Entwürfe die Variante 4 und diesbezüglich die rechte Abbildung – Kopf eines Menschen und Kopf eines Hundes - zusammen mit dem Wort „Assistenzhund“. Diese Abbildung stellt die Gemeinschaft bzw. Zusammengehörigkeit von Mensch und Hund nach unserem Dafürhalten am sichtbarsten dar. Der auf dieser Abbildung befindliche Begriff „Assistenzhund“ ist auch ausreichend, da mit dem auf der linken Abbildung befindlichen Zusatz „…im Sinne des § 12 e BGG“ der juristische Laie in der Regel nichts anfangen kann. Die vor dem weißen Hintergrund zusätzliche farblich unterlegte Umrandung soll wohl u.a. symbolisieren, dass die Ausbildung und Prüfung von Assistenzhunden und Mensch-Assistenzhund-Gemeinschaft nach bundesweit einheitlichen Standards sowie Kriterien erfolgt und insoweit auch ein gleichbleibend hohes Qualitätsniveau gewährleistet ist. In diesem Kontext ist zu ergänzen, dass eine rückseitige taktile Prägung in Brailleschrift sehbehinderten Menschen helfen kann, die Marke zu identifizieren.

4. Fazit

Das Bestreben des Verordnungsgebers, mit der Verfassung einer Assistenzhunde-Verordnung (AHundV), die gesetzlichen Regelungen für Assistenzhunde in den §§ 12e ff. BGG zu konkretisieren, begrüßen die BAG SELBSTHILFE und ihre Mitgliedsverbände ausdrücklich. Auch ist in diesem Zusammenhang zu begrüßen, dass mit einer solchen Verordnung dem Recht der Menschen mit Behinderungen auf persönliche Mobilität aus Art. 20 Buchstabe b des Übereinkommens der Vereinten Nationen über die Rechte von Menschen mit Behinderungen (UN-BRK) gesetzgeberisch Rechnung getragen werden soll.

Auch das Ziel des Verordnungsgebers, mit einer zu erstellenden Assistenzhunde-Verordnung die in der deutschen Nachhaltigkeitsstrategie enthaltenen Prinzipien einer nachhaltigen Entwicklung zu wahren und zu verbessern, ist begrüßenswert. Assistenzhunde sind speziell ausgebildete Hunde, welche Menschen mit Behinderungen bei der Bewältigung ihres Alltages helfen. Assistenzhunde tragen dazu bei, ein möglichst selbstbestimmtes Leben zu führen und insoweit soll auch dieser Verordnungsentwurf eine umfassende und diskriminierungsfreie Teilhabe von Menschen mit Behinderungen am gesellschaftlichen und kulturellen Leben fördern.

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