Stellungnahme zum Entwurf einer Neufassung einer Verordnung zum Anspruch auf Testung in Bezug auf einen direkten Erregernachweis des Coronavirus SARS-CoV-2 (Coronavirus-Testverordnung – TestV)

Die BAG SELBSTHILFE hält die vorgeschlagenen Regelungen zum Einsatz von Tests, insbesondere zur weitgehenden Abschaffung der Kostenübernahme für Schnelltests auf Covid-19, für grundsätzlich sinnvoll, um die Impfquote in der Bevölkerung zu steigern; sie begrüßt insoweit auch dieses angestrebte Ziel. Denn eine hohe Durchimpfungsrate in der Bevölkerung ist gerade für die vulnerablen Zielgruppen von überlebenswichtiger Bedeutung. Viele Menschen mit einer Immunschwäche oder unter immunsuppressiver Therapie, aber auch ältere und pflegebedürftige Menschen sprechen leider nur unzureichend auf die Impfung an oder die Wirkung lässt schneller nach. Manchmal gilt dies selbst bei einer dritten Impfung. Für sie stellen niedrige Impfquoten eine permanente Bedrohung dar, der sie sich durch eine eigene Impfung nicht vollständig entziehen können; lediglich eine Verringerung des Risikos ist dadurch möglich.

Menschen mit Behinderungen sind zudem einem erhöhten Risiko einer Ansteckung ausgesetzt, welches auch daraus resultiert, dass sie oft aufgrund ihres Hilfebedarfs bestimmte Abstände nicht einhalten können. Dies gilt insbesondere im Umgang mit ihren Assistenzen.

Vor diesem Hintergrund sind für die genannten Personengruppen zwar einerseits hohe Impfquoten von besonderer Bedeutung, andererseits sind sie zum Eigenschutz aber auch viel stärker auf kostenfreie Testangebote angewiesen als andere Menschen.

Insoweit hat die BAG SELBSTHILFE noch Ergänzungs- oder Änderungsbedarf am Entwurf:

1.Fortsetzung der Kostenübernahme der Testung bei engen Kontaktpersonen von Menschen mit geschwächtem Immunsystem, bei pflegenden Angehörigen, Menschen mit Behinderungen und ihren Assistenzen (§ 4a TestVO)

Die BAG SELBSTHILFE hält es für dringend erforderlich, dass weiterhin eine Kostenübernahme von Tests von Menschen mit geschwächtem Immunsystem, pflegenden Angehörigen, Menschen mit Behinderungen und deren Assistenzen erfolgt.

a. Kostenübernahme der Testung bei engen Kontaktpersonen von Menschen mit geschwächtem Immunsystem

Gerade die oben angesprochene Personengruppe der Menschen mit geschwächtem Immunsystem benötigt nach wie vor zusätzlichen Schutz durch regelmäßige und kostenfreie Testung ihres näheren Umfeldes. Denn insgesamt reicht die Impfung leider nicht aus, um eine sterile Immunität zu erzielen; auch Geimpfte können – wenn auch in reduziertem Umfang – ansteckend sein. Während dies bei geimpften Menschen mit normalem Immunsystem nur wenig Auswirkungen haben dürfte, kann dies für Menschen mit eingeschränkten Immunsystem mutmaßlich trotz Impfung schwere Folgen haben. Gerade die in Großbritannien beobachteten Todesfälle unter Geimpften werden immer wieder mit Impfdurchbrüchen bei Menschen mit geschwächtem Immunsystem begründet (Focus/ Spektrum, Artikel vom 29.7.2021, zit: https://www.focus.de/wissen/delta-tote-trotz-impfung-immer-mehr-geimpfte-unter-den-corona-toten-in-grossbritannien-aber-woran-liegt-das_id_13446129.html)

Dabei reduziert die Impfung das Risiko zwar sowohl hinsichtlich eines Impfdurchbruchs als auch hinsichtlich eines schweren Verlaufes bei dieser Personengruppe, allerdings ist es nach wie vor erhöht gegenüber einer geimpften Person ohne geschwächtes Immunsystem. Vor diesem Hintergrund fordert die BAG SELBSTHILFE, dass die Kosten für die sog. Schnelltests bei engen Kontaktpersonen von Menschen mit geschwächtem Immunsystem auch weiterhin übernommen werden.

Gleiches gilt auch für die Betroffenen selbst, da es bei Ihnen oft wichtig ist, eine etwaige Erkrankung frühzeitig engmaschig zu überwachen, etwa mit einem Pulsoxymeter; gerade bei Covid- 19 unterschätzen die Betroffenen selbst oft ihren Sauerstoffmangel (stille Hypoxämie), weswegen es dann innerhalb von Stunden zu dramatischen Verschlechterungen kommen kann.

b. Kostenübernahme der Tests bei pflegenden Angehörigen und Pflegebedürftigen

Entsprechend hält die BAG SELBSTHILFE auch bei pflegenden Angehörigen und Pflegebedürftigen selbst eine Kostenübernahme der Tests für notwendig, um eine Gleichbehandlung mit beruflich Pflegenden und Pflegebedürftigen in Heimen sicherzustellen. Denn nach § 4 der Testverordnung sollen ja zum Schutz der Pflegebedürftigen und wegen des erhöhten Ansteckungsrisikos dieser Gruppe trotz Impfung zu Recht weiterhin Tests für asymptomatische beruflich Pflegende, Pflegedürftige und Besucher von der Solidargemeinschaft übernommen werden; in Anbetracht der Tatsache, dass pflegende Angehörige zu Recht oft als größter Pflegedienst der Nation bezeichnet wird, sollte hier auch über die Kostenfreiheit der Tests der Schutz der ambulant gepflegten Pflegebedürftigen sichergestellt werden.

Aber auch für die Betroffenen selbst sollten die Kosten für Tests übernommen werden, um frühzeitig einen Impfdurchbruch erkennen zu können und gleichzeitig eine Ansteckung von pflegenden Angehörigen, deren Unterstützung für die Bewältigung des Alltags benötigt wird, zu vermeiden. Gerade in Zeiten des Pflegenotstandes besteht andernfalls das Risiko, dass dauerhafte Versorgungslücken durch eine Erkrankung von pflegenden Angehörigen entstehen.

c. Kostenübernahme der Tests bei Menschen mit Behinderungen und deren Assistenzen

Die BAG SELBSTHILFE sieht ferner auch eine Notwendigkeit der Kostenübernahme der Tests für Menschen mit Behinderungen und deren Assistenzen. Denn Assistenten haben ein mit beruflich Pflegenden vergleichbares Risiko, eine besonders vulnerable Personengruppe anzustecken, die bei einem Impfdurchbruch oft ein hohes Risiko auf einen schweren Verlauf hat und die gleichzeitig auf Kontakte und Hilfestellungen zwingend angewiesen ist. Vor diesem Hintergrund sollte auch hier eine regelmäßige und kostenfreie Testung der Assistenzpersonen von Menschen mit Behinderungen, die ambulant betreut werden, möglich sein.

Aber auch für die Betroffenen selbst sollten die Kosten für Tests übernommen werden, da sie eine deutlich erhöhte Ansteckungsgefahr haben und sich hier kaum selbst schützen können: So können etwa Menschen mit einer Sehbehinderung Abstandsgebote oft nicht einhalten, weil sie im Alltag auf Hilfe notwendigerweise angewiesen sind. Vor diesem Hintergrund sollten hier auch weiterhin kostenfreie Testungen möglich sein, um frühzeitig einen Impfdurchbruch erkennen zu können und gleichzeitig eine Ansteckung von weiteren Personen, deren Unterstützung für die Bewältigung des Alltags benötigt wird, zu vermeiden.

2. Kostenübernahme des Nachweises der mangelnden Impffähigkeit (§ 4a Nr. 3, § 6 Abs. 3 Nr. 4 TestV)

Die BAG SELBSTHILFE hält es für notwendig, die Frage der Kostenübernahme für die Vorlage eines entsprechenden Nachweises über die mangelnde Impffähigkeit in der Testverordnung zu regeln. Auch wenn eine mangelnde Impffähigkeit sicherlich die absolute Ausnahme darstellen dürfte, so gibt es dennoch Menschen, die – etwa aufgrund von Allergien gegen die Inhalte der Impfstoffe – aus medizinischen Gründen tatsächlich nicht geimpft werden können. Das Attest ist damit notwendiger Bestandteil einer effektiven Infektionsschutzstrategie, da die Gefahr der Virusweitergabe in Innenräumen durch die kostenfreie Testung verringert wird, was - anders als bei impfbaren Personen - nicht durch eine Impfung erreicht werden kann.

Insoweit hält die BAG SELBSTHILFE eine Klarstellung dahingehend für erforderlich, dass die Betroffenen einen Anspruch auf Übernahme der Kosten im Rahmen der GKV- Versorgung haben. In Anbetracht der voraussichtlich nur sehr geringen Zahl an Attesten und der gleichzeitigen Eignung zur Erkennung einer Erkrankung dürfte eine solche Kostenübernahme durch die GKV verkraftbar sein. Für den Bereich der PKV müsste eine entsprechende Regelung gefunden werden.

3. Kostenübernahme für die Antikörpertiterbestimmung

Seitens der BAG SELBSTHILFE möchten wir im Rahmen dieser Stellungnahme die Gelegenheit ergreifen, ergänzend auf eine Versorgungslücke bzw. eine uneinheitliche Praxis der Krankenkassen in der nachfolgenden Thematik hinzuweisen:

Bisher ist die Antikörpertiterbestimmung bei Menschen unter immunsuppressiver Therapie nicht einheitlich vom Leistungskatalog der Gesetzlichen Krankenkassen umfasst. Diese ist aber oft notwendig, um zu klären, ob eine Auffrischungsimpfung notwendig ist oder ob eine solche Impfung Erfolg hatte (etwa nach der dritten oder vierten Impfung). Manche Krankenkassen übernehmen offenbar in der Praxis diese Titerbestimmung, in anderen Fällen müssen die Betroffenen die Kosten selbst tragen – trotz einer medizinischen Notwendigkeit der Klärung.

Vor diesem Hintergrund hält die BAG SELBSTHILFE eine einheitliche Regelung zu Gunsten der betroffenen Erkrankten für dringend erforderlich und bittet hier um entsprechende gesetzliche Regelung.

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