Stellungnahme zum Entwurf einer Verordnung zum Anspruch auf Schutzimpfung gegen das Coronavirus SARS-CoV-2 (Coronavirus-Impfverordnung – CoronaImpfV)

Die BAG SELBSTHILFE begrüßt es, dass einige Forderungen, die sie in der Stellungnahme zur ersten Fassung der CoronaImpfV angebracht hatte, nunmehr in der zweiten Fassung aufgegriffen wurden.

Gleichzeitig sieht sie auch bei der vorliegenden Fassung noch dringenden Änderungs- und Ergänzungsbedarf:

1. Impfung von Kontaktpersonen von Menschen mit chronischen Erkrankungen

Die Verordnung schränkt die Impfung von Kontaktpersonen dahingehend ein, dass nur Kontaktpersonen von pflegebedürftigen Menschen mit chronischer Erkrankung prioritär geimpft werden können, nicht aber enge Kontaktpersonen von Chronikern ohne Pflegestufe. Nicht alle in der Verordnung genannten Menschen mit chronischen Erkrankungen haben jedoch eine Pflegestufe; dies betrifft etwa herzkranke Kinder. Nach Berichten unseres Mitgliedsverbandes haben hier nur schätzungsweise 10- 20 Prozent eine Pflegestufe und nur 50 Prozent einen Schwerbehindertenausweis. Das gleiche gilt auch für Menschen mit Organtransplantationen, die eher einen Schwerbehindertenausweis, aber nur selten eine Pflegestufe haben.

Die vorgenommen Einschränkung auf Kontaktpersonen von Menschen mit Pflegebedarf ist jedoch aus der Sicht der BAG SELBSTHILFE nicht sachgerecht, wie bereits das Beispiel der herzkranken Kinder zeigt, die derzeit selbst nicht geimpft werden können: Hier ist es essentiell, dass die Kontaktpersonen frühzeitig geimpft werden, um einerseits das Risiko einer Ansteckung zu minimieren, aber auch die Versorgung der Kinder sicherzustellen, die bei einer Erkrankung von engen Kontaktpersonen gefährdet wäre. In diesem Sinne sind Eltern von chronisch kranken Kindern bzw. auch enge Bezugspersonen bei Erwachsenen mit chronischen Erkrankungen und Behinderungen ebenso systemrelevant wie professionelle Pflegekräfte.

Zwar ist derzeit noch nicht hundertprozentig klar, ob nicht auch geimpfte Personen noch den Virus weitergeben können. Wissenschaftler gehen jedoch schon jetzt davon aus, dass eine Impfung das Risiko zumindest verringert. Insoweit wird hier eine Nachschärfung dringend für erforderlich gehalten.

Gleiches gilt auch für Kontaktpersonen von nicht pflegebedürftigen Erwachsenen mit den in der Verordnung anderen genannten schweren Erkrankungen, wie etwa Menschen mit Organtransplantationen, bei denen das Risiko besteht, dass die Impfungen nicht ganz so effektiv wirken wie bei anderen. Auch die Kontaktpersonen und Assistenzen von Menschen mit Behinderungen sollten prioritär geimpft werden, da auch sie – ähnlich wie Pflegekräfte – systemrelevant sind.

2. Berücksichtigung von Menschen mit Behinderungen in der Priorisierung

Bisher in der Verordnung nicht berücksichtigt sind Menschen mit Behinderungen, da sich die Verordnung nach wie vor größtenteils auf die von der STIKO erarbeiteten hohen Risiken bei bestimmten häufigen Krankheitsbildern konzentriert, bei denen Behinderungen offenbar – möglicherweise aufgrund der unzureichenden Evidenz in diesem Bereich – kaum eine Rolle spielen. Gleichzeitig haben Menschen mit Behinderungen natürlich vielfach ein erhöhtes Risiko für einen schweren Verlauf, ohne sich gleichzeitig vollumfassend gegen diese Risiken schützen zu können, da sie auf Hilfestellungen und Assistenz angewiesen sind. Zudem erhöhen viele Behinderungen auch die Risiken von zusätzlich vorhandenen chronischen Erkrankungen, etwa weil dann eine Bewegungsarmut hinzukommt.

Wie bereits in der vorherigen Stellungnahme dargestellt, betrifft das erhöhte Risiko einer Ansteckung beispielsweise auch junge blinde und sehbehinderte sowie taubblinde Menschen, die nicht per se ein erhöhtes Risiko für einen schweren Krankheitsverlauf haben. Einige Beispiele mögen dies verdeutlichen: Bei Blindheit und stark eingeschränktem Sehvermögen kann man generell Abstände weniger gut einschätzen und nicht schnell reagieren, wenn man einem anderen Menschen näherkommt. Schon gar nicht kann man wahrnehmen, ob die sich unmittelbar in der Nähe befindenden Personen ordnungsgemäß ihre Mund-Nase-Bedeckung tragen. Viele Betroffene sind darauf angewiesen, unterwegs geführt zu werden oder anderweitig Hilfe in Anspruch nehmen zu müssen und zwar längst nicht immer durch Angehörige des eigenen Hausstands, sondern durch Assistenzkräfte oder auch spontan durch fremde Passanten. Beim Einkaufen ist z.B. meist Nähe zum Verkaufspersonal nötig, um nach Produkten zu fragen oder sich beim Bezahlvorgang helfen zu lassen. Zudem sind blinde und sehbehinderte Menschen auf die Nutzung von öffentlichen Verkehrsmitteln festgelegt und auch damit oft mit anderen Menschen in engem Kontakt. Aus diesen Gründen verzichten viele blinde und sehbehinderte Menschen bereits seit Beginn der Pandemie vorsorglich auf viele - an sich mögliche - Außenkontakte. Auf die Folgen dieser sozialen Isolierung für die körperliche und seelische Gesundheit müssen wir hier nicht näher eingehen. Taubblinde Menschen sind besonders gefährdet, weil jede Form von Kommunikation mit engem körperlichen kontakt verbunden ist (beim Lormen oder taktilen Gebärden müssen die Hände der Assistenzperson berührt werden).

3. Aufnahme weiterer Erkrankungen in die Liste der zu priorisierenden Erkrankungsbilder

Aus der Sicht der BAG SELBSTHILFE wird zwar die – auch von der STIKO empfohlene und von uns in der Stellungnahme zur ersten Verordnung geforderte Möglichkeit einer Einzelfallentscheidung begrüßt. Trotzdem sollten daneben möglichst viele relevante Erkrankungen explizit in der Verordnung genannt werden, um zeit- und kräfteraubende Diskussionen der Betroffenen möglichst stark zu reduzieren.

Vor diesem Hintergrund wird die Aufnahme von weiteren Erkrankungen bzw. Erkrankungskonstellationen für notwendig erachtet:

So sind neuromuskulär Erkrankte nicht explizit in der hohen Prioritätenstufe genannt. In den vergangenen Wochen haben sich viele Organisationen wie die Deutsche Gesellschaft für Muskelkranke, Einzelpersonen[1] sowie medizinische Fachleute zu Wort gemeldet, um die Dringlichkeit einer Impfung für an Muskelatrophien und -dystrophien leidende Betroffene darzulegen. Folgende Symptome kennzeichnen ein hohes bis sehr hohes Risiko für einen schweren COVID-19 Erkrankungsverlauf, z.B.:

  • Muskuläre Schwäche der Atemhilfsmuskulatur oder des Zwerchfells mit daraus resultierender Abnahme des respiratorischen Volumens unter 60% des vorhergesagten Volumens (FVC < 60%), speziell bei Patienten mit Kyphoskoliose
  • Nutzung eine Beatmung mittels Maske oder Tracheostoma
  • Schwacher Hustenstoß und schlechte Atemwegsreinigung durch oropharyngeale Schwäche
  • Vorhandenes Tracheostoma
  • Kardiale Erkrankung (ohne/mit Medikation)·Risiko der Verschlechterung durch Fieber, Fasten, Infektion
  • Risiko der Rhabdomyolyse
  • Zusätzlicher Diabetes mellitus und Übergewicht
  • Patienten unter Kortikoidtherapie und / oder andere Immunsuppression

[1] Siehe etwa der Bericht über das Engagement von Benni Over, der an einer Muskeldystrophie Duchenne leidet, und seinen Eltern zur Priorisierung dieser Gruppe: https://www.tagesspiegel.de/politik/bundesweiter-praezedenzfall-warum-ein-30-jaehriger-jetzt-schon-geimpft-wurde/26798854.html

Die Schilderung der Symptome der neuromuskulären Erkrankungen verdeutlichen, dass diese als Erkrankungen mit stark erhöhtem Risiko für einen schweren Verlauf einzustufen sind und deswegen entsprechend hoch zu priorisieren sind. Es wird insoweit die Aufnahme dieser Erkrankungsgruppe in die Priorisierung für dringend erforderlich gehalten.

Bei der Gruppe der Organtransplantierten sollte es zu einer Erweiterung des Anwendungsbereichs dieser Priorisierung kommen: Patient*Innen auf der Warteliste für eine Organtransplantation sollten prioritär geimpft werden und daher mindestens in die zweite Gruppe eingestuft bzw. im Rahmen einer Einzelfallentscheidung vorgezogen geimpft werden können. Im ersten Jahr nach einer Organtransplantation ist das Abstoßungs- und auch das Infektionsrisiko für Organtransplantierte besonders hoch. Zunächst ist die Dosierung der Immunsuppression deutlich höher als im Langzeitverlauf. Häufig schwanken in den ersten Monaten die Blutspiegel der Immunsuppressiva, was ein zusätzliches Risiko darstellt. Wie unter Punkt 1 ausgeführt besteht grundsätzlich unter Immunsuppression die Wahrscheinlichkeit, dass die Impfung im Rahmen des normalen Impfschemas nicht den erwünschten Impfschutz erreicht. Da die Immunsuppression im Normalfall im ersten Jahr nach Transplantation teilweise deutlich höher ist als im Langzeitverlauf, ist hier das Risikohöher, dass der erforderliche Impfschutz nicht im ausreichenden Maß erreicht wird. In diesem Zusammenhang weisen wir auf die Information der Deutschen Transplantationsgesellschaft in ihrem letzten Corona-Newsletter Nr. 11 vom 7. Januar 2020 (siehe 2., Nr. 4) hin. Hier wird eine Impfung gegen COVID-19 erst 6 –12 Monate nach der Transplantation empfohlen. Daher regen wir an, Wartepatient*Innen auf eine Organtransplantation im Sinne der Formulierung in der 2. Aktualisierung der Impfempfehlungen der STIKO: „Dies trifft auch für Personen zu, die zu einem späteren Zeitpunkt nicht mehr oder nicht mehr gleich wirksam geimpft werden können (z. B. bei unmittelbar bevorstehender Chemotherapie).“, höher zu priorisieren bzw. explizit in der Impfempfehlung und vor allem in der Impfverordnung des BMG aufzuführen. Dies rechtfertigt sich aus unserer Sicht auch zusätzlich dadurch, dass es sich bei den Spenderorganen um ein extrem kostbares und seltenes Gut handelt, dass nicht zusätzlich gefährdet werden sollte.

4. Zielgenauigkeit der Priorisierung von Erkrankungen

Aus der Sicht der BAG SELBSTHILFE sollte sich die vorgenommene Priorisierung auch stärker nach der Schwere der Erkrankung ausrichten.

So stuft bspw. auch die Deutsche Gesellschaft für Innere Medizin bestimmte schwere Rheumaformen als zu niedrig priorisiert ein:

Aus internistisch-rheumatologischem Verständnis heraus und in Bezug auf langjährige wissenschaftlich basierte Erfahrung können wir z. B. für die Patientengruppe entzündlicherSystemerkrankungen mit Organbeteiligung und hoher Krankheitsaktivitätsnachweisen, dass diese ein ausgesprochen hohes infektionsbedingtes Mortalitätsrisiko von über 10 % aufweist und damit eher in der Priorität in Stufe 2 einzuteilen wäre.“

Auf deren wissenschaftliche Ausführungen[2] wird Bezug genommen, die auch bei anderen Erkrankungsbildern Relevanz haben. Insoweit wird es für sinnvoll erachtet, hier bei der Priorisierung auch eine Abstufung nach Krankheitsschwere vorzunehmen, die dem jeweiligen Stand der wissenschaftlichen Erkenntnisse entspricht.

[2] Deutsche Gesellschaft für Innere Medizin, zit. nach https://www.dgim.de/fileadmin/user_upload/PDF/Publikationen/Archiv/Positionspapiere_und_Stellungnahmen/FINAL_DGIM_20210107_Stellungnahme_STIKO-COVID-19.pdf  Dieses Dokument in neuem Tab öffnen und vorlesen

5. Medizinische Gründe für die Auswahl eines Impfstoffes

Nicht im Entwurf ist bisher die Fallkonstellation enthalten, dass nur ein bestimmter Impfstoff oder eine bestimmte Impfstoffgruppe für die Impfung eines Menschen mit einer chronischen Erkrankung medizinisch angezeigt ist. So wird die Verimpfung von 

mRRNA- Impfstoffen bei bestimmten Erkrankungen empfohlen, die medizinische Indikation von Vektorimpfstoffen jedoch als risikoreich bzw. unklar eingestuft, so z.B. bei chronisch entzündlichen Darmerkrankungen.[3]

Auch bei Multiple Sklerose ist die Datenlage im Hinblick auf etwaige Auswirkungen des zugelassenen Vektorviren-Impfstoffes COVID-19 Vaccine von AstraZeneca auf die Multiple Sklerose (MS) Erkrankung derzeit noch sehr unsicher. Humane Adenoviren können in seltenen Fällen Entzündungen des zentralen Nervensystems auslösen; der Impfstoff von AstraZeneca nutzt als Vehikel ein Adenovirus, das in Schimpansen kursiert. Während der Impfstoffstudien wurden bestätigte und Verdachts-Fälle von Transverser Myelitis berichtet. Transverse Myelitiden entstehen häufig nach Virusinfekten auf dem Boden einer Autoimmunreaktion. Auch wenn diese im Rahmen der Impfstudie sehr selten waren, ist es bei einer Autoimmunerkrankung des Nervensystems wie der MS fraglich, inwieweit der Impfstoff auf Basis seines Vehikels ungünstige Auswirkungen auf den Verlauf der MS haben könnte, unabhängig von einer Transversen Myelitis. Hier sind weitere Daten auch von Patienten mit anderen Autoimmunerkrankungen notwendig.

Insgesamt sind nach dem diesseitigen Kenntnisstandsind bei den Zulassungsstudien auch keine Organtransplantierten eingeschlossen gewesen. Daher gibt es bisher keine gesicherten Erkenntnisse über die Wirksamkeit unter Immunsuppression. Aufgrund von Erfahrungen mit anderen Impfungen muss davon ausgegangen werden, dass unter Immunsuppression dieser Grad der Wirksamkeit bei Organtransplantierten nicht erreicht wird. Das führt dazu, dass bei einer Impfung mit der üblichen Dosis der Impfschutz kürzer als bei der Normalbevölkerung besteht oder die Dosis des Impfstoffes erhöht werden muss. Da beides bisher weder in den Impfempfehlungen noch in der Impfverordnung vorgesehen ist und zudem auch nicht von der Zulassung der EMA erlaubt wäre, würde der Impfschutz für diese Betroffenengruppe noch geringer ausfallen, was ein höheres Infektionsrisiko sowohl für Transplantierte als auch für alle ihre Kontaktpersonen darstellen könnte. Dies käme einer Benachteiligung gegenüber anderen gleich, da zum einen weniger gut informierte Transplantierte sich in Sicherheit wiegen würden und daher weniger auf den Eigenschutz

achten könnten. Zum anderen wären die besser informierten Transplantierten gezwungen, sich aus Eigenschutzgründen weiter zu isolieren. Damit wäre das Ziel der Impfungen für diese Betroffenengruppe verfehlt.

Insoweit sollte in der Verordnung geklärt werden, dass Patient*innen bei entsprechender medizinischer Indikation Anspruch auf den für sie adäquaten Impfstoff haben.

Zudem halten wir es für sinnvoll, dass Menschen mit einer entsprechenden medizinischen Indikation die Möglichkeit eröffnet wird, sich vor der Impfterminvereinbarung zu informieren, welches Impfzentrum den Impfstoff hat, der einen guten Impfschutz für sie bieten kann. Diesseits wird davon ausgegangen, dass diese Möglichkeit in der Impfverordnung enthalten sein muss, damit deren Umsetzung in den Bundesländern erfolgt. In diesem Zusammenhang weisen wir daraufhin, dass das Land Berlin die Möglichkeit bietet, auf seiner Homepage festzustellen, welches Impfzentrum welchen Impfstoff verimpft. Aufgrund der Überlastung der Impf-Hotline 116 117 sollte die Information über andere Wege zugänglich sein. Beispielsweise könnte dies durch einen Anruf bei dem örtlichen Kundencenter der zuständigen Krankenkasse erfolgen, wenn diese entsprechend informiert würden

[3] Deutsche Apotheker Zeitung, zit: https://www.deutsche-apotheker-zeitung.de/news/artikel/2021/01/26/keine-wahl-bei-der-coronaimpfung, abgerufen am 27.1.2021

6. Ärztliches Zeugnis

Die beabsichtigte Neuregelung zur Erstellung ärztlicher Zeugnisse über das Vorliegen eines sehr hohen, hohen oder erhöhten Risikos für einen schweren oder tödlichen Krankheitsverlauf nach § 6 Abs.6 sieht vor, dass hierzu nunmehr ausschließlich die Einrichtungen berechtigt sein sollen, die von den obersten Landesbehörden und den von ihnen bestimmten Stellen mit der Wahrnehmung dieser Aufgaben beauftragt wurden. Zur Begründung wird auf den Ausnahmecharakter dieser Einzelfallmöglichkeiten verwiesen. Für viele Erkrankungen halten wir jedoch eine Beurteilung der betreuenden Fachärzte für ein ärztlichen Zeugnis zur Impfpriorisierung für unabdingbar, da vorrangig die individuelle Krankheitsentwicklung und das damit verbundene Infektionsrisiko bei einer Impfabwägung zu berücksichtigen und dies vom betreuenden Facharzt in der Regel bestmöglich einzuschätzen ist. Vor diesem Hintergrund sollten auch die jeweiligen Fachärzte berechtigt sein, ein entsprechendes Zeugnis auszustellen. Ferner sollte ein solches Zeugnis auch aus Gründen des Infektionsschutzes versandt werden können, wenn vorher eine längere Behandlung der Patientin/ des Patienten stattgefunden hat.

7. Impfsurveillance und standardmäßige Kontrolle des Impferfolges

Ergänzend möchten wir seitens der BAG SELBSTHILFE nochmals auf die Impfsurveillance hinweisen. Diese sollte als weitere Merkmale chronische Grunderkrankungen erfassen sowie auch, ob diese Grunderkrankung eine Änderung oder Verschlechterung aufgrund der Impfung erfährt. Sollte dies nicht zusätzlich über die bereits beauftragten Institutionen nach § 7 Abs. 3 der Verordnung in der gebotenen Kürze der Zeit möglich sein, empfehlen wir die bereits vorhandenen unabhängigen Register, wie z.B. das Deutsche MS-Register, mit der Wahrnehmung dieser Aufgabe zusätzlich zu beauftragen.

Bei der Klärung des Impferfolges bei Erkrankungen, bei denen noch wenige Daten vorliegen (z.B. wurden Organtransplantierte in die Studien nicht eingeschlossen), ist zudem zu berücksichtigen, dass bei vielen Erkrankungen die spätere standardmäßige Kontrolle in Zentren oder beim Hausarzt erfolgt. Damit diese dann auch wirklich in der Praxis erfolgt, sollte sichergestellt werden, dass die Finanzierung der Kontrollen im Rahmen von regelmäßigen Nachsorgeterminen im Transplantationszentrum, in nephrologischen Praxen oder im Rahmen der in der Regel monatlichen Laborkontrolle in der Hausarztpraxis ohne neue finanzielle Belastungen für diese geregelt wird.

8. Barrierefreiheit der Impfzentren

Aus der Sicht der BAG SELBSTHILFE muss zwingend die Barrierefreiheit der Impfstellen, aber auch der Terminvergabe und der entsprechenden Informationen gewährleistet sein; dies betrifft sowohl die barrierefreie Erreichbarkeit und Zugänglichkeit als auch die Verwendung von leichter Sprache, die Möglichkeit der Kommunikation mit Gebärdendolmetschern und die visuelle und taktile Kennzeichnung für Menschen mit Sehbehinderungen. Insgesamt muss sichergestellt werden, dass Menschen mit Behinderungen die notwendige Unterstützung erhalten, um sich zurechtfinden zu können und die erforderlichen Informationen in barrierefreier Form erhalten.

Wegen der weiteren Inhalte wird auf unsere vorhergehende Stellungnahme zur ersten Fassung verwiesen.

9. Impfung in Institutsambulanzen und Zentren

Wie bereits angesprochen sind Impfungen bei Menschen mit komplexen chronischen bzw. seltenen Erkrankungen fachlich etwas komplexer, da die Ein- und Ausschlusskriterien der Studien und eine gewisse Erfahrung mit der – vielleicht seltenen – Erkrankung wichtig sein kann. Da ein Teil dieser Erkrankten auch in Institutsambulanzen oder Zentren behandelt wird, sollte aus der Sicht der BAG SELBSTHILFE geprüft werden, ob nicht auch diese zur Impfung der entsprechenden Personengruppen beauftragt werden sollten.

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