Stellungnahme zum Entwurf eines Gesetzes zur Unterstützung und Entlastung in der Pflege (Pflegeunterstützungs- und -entlastungsgesetz – PUEG)

Als Dachverband von 123 Bundesverbänden der Selbsthilfe chronisch kranker und behinderter Menschen und deren Angehörigen sowie von 12 Landesarbeitsgemeinschaften teilt die BAG SELBSTHILFE zwar das Ziel der Bundesregierung, Pflegebedürftige und ihre Angehörigen zu entlasten und hält die vorgesehenen Maßnahmen grundsätzlich auch für begrüßenswert; allerdings hält sie sie gleichzeitig in keiner Weise für ausreichend. Betroffene und ihre Angehörige haben in stationären Einrichtungen derzeit mit Kostensteigerungen von teilweise über 500 € zu kämpfen. Gegenüber 2018 sind die Kosten für einen Heimplatz im Schnitt bundesweit von 1.772 auf 2.411 € gestiegen, ein Plus von 36 Prozent; gegenüber dem letzten Jahr fand eine Erhöhung von 13 Prozent statt. Wie finanziell überlastet die Betroffenen und ihre Angehörigen derzeit sind, zeigt sich auch daran, dass die Zahl der pflegebedürftigen Personen, die in einer stationären Einrichtung auf Sozialhilfe angewiesen sind, steigt und voraussichtlich weiter steigen wird.

Im Koalitionsvertrag wurde festgelegt, dass die Eigenanteile begrenzt und berechenbar gemacht werden sollen; dies ist durch die vorgesehene Maßnahme nicht gewährleistet, vielmehr braucht es dringend einen Sockel-Spitze-Tausch mindestens auf dem Niveau des Vorjahres, eine Übernahme (und Kontrolle) der Investitionskosten durch die Länder und eine bessere Kontrolle der Kosten für Unterkunft und Verpflegung. Ferner würde auch der Ausgleich der medizinischen Behandlungspflege, der im Koalitionsvertrag vorgesehen wurde, dringend umgesetzt werden, um die Pflegebedürftigen und ihre Familien zu entlasten.

Doch auch im ambulanten Bereich bedarf es dringend entsprechender Erhöhungen über die vorgesehenen Verbesserungen hinaus. Nach wie vor sind pflegende Angehörige der größte Pflegedienst der Nation, werden aber nicht entlastet, sondern derzeit eher zusätzlich belastet, etwa durch tariflich bedingte Kostensteigerungen bei den Pflegesachleistungen. Hier benötigen die Pflegebedürftigen und ihre Familien dringend eine Erhöhung um mehr als 5 Prozent. Tarifliche Steigerungen und sonstige Erhöhungen führen dazu, dass die Betroffenen immer weniger Leistungen für diese Beträge einkaufen können. Dies ist umso schwieriger, als sie wegen der steigenden Lebenshaltungs- und Energiepreise auch immer weniger eigene Mittel für pflegebedingte Leistungen aufwenden können und so eine Kompensation der fehlenden Leistungen nicht mehr möglich ist, die in der Vergangenheit vielleicht noch in Einzelfällen gelungen ist. Hier fordert die BAG SELBSTHILFE eine Erhöhung der Leistungen über die 5 Prozent hinaus und ab 2024 eine jährliche Dynamisierung, die sich gemischt an Verbraucherpreisen und tatsächlichen Kostensteigerungen im Bereich der Pflegesachleistungen orientiert.

Zudem werden notwendige Verbesserungen für Betroffene und pflegende Angehörige immer wieder nicht umgesetzt: Bereits Ende 2020 hat die Bundesregierung die Erhöhung des Pflegegeldes um 5 Prozent für notwendig erachtet, eine Umsetzung erfolgte jedoch nicht. Zuletzt wurde das Pflegegeld 2017 angepasst, seitdem hat es Teuerungen unterschiedlichster Art gegeben, zuletzt mit hoher Inflation in dramatischem Ausmaß; insgesamt beinhaltet die Entwicklung der Verbraucherpreise bis heute eine Erhöhung um 17, 7 Prozent seit 2017. Hier bedarf es nun endlich einer zeitnahen Erhöhung zum 1. Juli diesen Jahres, die diese hohen Belastungen der Betroffenen und ihren Familien ein Stück weit auffängt; dies hätte aus der Sicht der BAG SELBSTHILFE längst erfolgen müssen und sollten sich – wie auch die Pflegesachleistungen – an der Verbraucherinflation und den Kostensteigerungen im Bereich der Pflegsachleistungen orientieren sowie jährlich dynamisiert werden.

Ebenfalls kritisch wird die Erhöhung der Beiträge zur Pflegeversicherung von der BAG SELBSTHILFE gesehen, zumal diese nicht dazu dient, die vorhandenen strukturellen Probleme der Pflegeversicherung dauerhaft zu lösen; gleichzeitig dürfte es zu der Erhöhung angesichts des Defizites der Pflegeversicherung und der Maßgaben des Bundesverfassungsgerichtes nur wenig Alternativen geben. Die BAG SELBSTHILFE hält allerdings die vorgesehene zukünftige Anpassung ohne parlamentarische Beteiligung für schwierig. Insgesamt wäre zur Abfederung der enormen Kostensteigerungen dringend ein höherer Steuerzuschuss vorzusehen.

Ausdrücklich und uneingeschränkt zu begrüßen ist hingegen die Errichtung einer Stabsstelle für den Bereich der Pflege und die Schaffung von Transparenz im Qualitätsausschuss. Die Komplexität der verschiedenen Aufgaben und Arbeitsgruppen im Qualitätsausschuss bedarf dringend personeller Unterstützung, wie sie ja auch im Gemeinsamen Bundesausschuss bereits seit 2008 – angesichts der Größe des GBA in deutlich größerem Umfang - zur Verfügung steht. Im Bereich der Beteiligungsrechte zur Dienstleistungsrichtlinie wird hingegen noch Nachbesserungsbedarf gesehen: Hier sollte ein Mitberatungsrecht anstatt des vorgesehenen Stellungnahmerechtes vorgesehen werden, da es sich bei diesem Thema um ein ureigenstes Thema der Pflegebedürftigenvertretung handelt, zu dem sie über den größten Erfahrungsschatz verfügen.

Begrüßt wird auch die Regelung, dass die Betroffenen in Zukunft eine Übersicht über die von den Pflegebedürftigen in der Vergangenheit bezogenen Leistungen und deren Kosten von den Pflegekassen künftig einmal je Kalenderhalbjahr übersandt. Auch hier gibt es jedoch noch Nachbesserungsbedarf: Zum einen ist in der derzeitigen Regelung enthalten, dass dies nur auf Wunsch zu geschehen hat; hier würden wir eine automatische Übersendung für sinnvoll halten – mit der Möglichkeit, der Übersendung zu widersprechen; denn andernfalls steht zu befürchten, dass viele Betroffene ihre Rechte mangels Kenntnis nicht wahrnehmen werden. Ferner würden wir es auch befürworten, wenn der Restanspruch etwa nach § 42a dort aufgeführt wäre.

Die Stellungenahme der BAG SELBSTHILFE zu den Vorschriften im Einzelnen entnehmen Sie bitte dem u.s. Dokument (abrufbar als Word- oder Pdf-Version).

Stellungnahme

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