Interview mit Ansgar Jonietz

Mitgründer und Geschäftsführer von "Was hab' ich?"

Was treibt Sie bei diesem Projekt besonders an?

Es ist beeindruckend, wie sehr man Menschen helfen kann, indem man ihnen „einfach nur“ ihren medizinischen Befund verständlich erklärt. Die Patient*innen bringen uns täglich so viel Dankbarkeit entgegen. Gleichzeitig ist das Engagement unseres ehrenamtlichen Teams unglaublich motivierend. Die Mediziner*innen investieren neben ihrem Studium oder dem Vollzeit-Job sehr viel Zeit und Energie, um Patient*innen dabei zu helfen, ihre Befunde zu verstehen. 

Wir merken aber auch, dass die Arzt-Patienten-Kommunikation auch politisch immer mehr in den Fokus rückt und dass wir mit unseren Projekten langfristig dazu beitragen zu können, dass sich hier etwas bewegt. So können wir nicht nur einzelnen Betroffenen mit einer Befundübersetzung helfen, sondern dazu beitragen, dass zukünftig hoffentlich viele Menschen von verständlichen Gesundheitsinformationen profitieren.
 

Wie ist das Feedback von Betroffenen, die sich an "Was hab' ich?" gewandt haben?

Die Rückmeldungen der Patient*innen sind fast ausnahmslos positiv. Etwa 80 Prozent schreiben uns nach einer Befundübersetzung. Viele erzählen, dass sie ihre Erkrankung zum ersten Mal wirklich verstanden haben. Oft kann ihnen die Befundübersetzung unnötige Ängste nehmen. Für manche ist es auch der Anlass, sich gesundheitsförderlicher zu halten – z.B. mehr Sport zu treiben oder mit dem Rauchen aufzuhören. Und was uns besonders wichtig ist: Viele Patient*innen schreiben, dass sie nun wissen, welche Fragen sie ihrer Ärztin beim nächsten Gespräch stellen können. Oder dass sie sich nun wirklich informiert entscheiden können, z. B. für oder gegen eine Operation. Wir sind froh, dass wir so das Arzt-Patienten-Verhältnis unterstützen können.
 

Was war damals der ausschlaggebene Grund, das Projekt zu starten?

Die beiden Mitgründer*innen Anja und Johannes Bittner haben damals selbst Medizin studiert. Sie haben es immer wieder erlebt, dass Verwandte oder Bekannte sie darum gebeten haben, ihnen einen Befund zu erklären.
Wir haben uns gefragt: Was machen eigentlich die Menschen, die keine Mediziner*innen im Bekanntenkreis haben? Daraus entstand die Idee zu „Was hab‘ ich?“. Nur 4 Tage später ging unsere Website washabich.de online. Nach 12 Minuten wurde bereits der erste Befund eingesendet, nach 4 Wochen waren es schon 500 Befunde. Wir haben schnell gemerkt: Der Bedarf nach verständlichen Befund-Erklärungen ist da!
 

Wieso bekommen Patient*innen ihre Diagnosen und Befunde nicht ausführlich beim behandelnden Arzt oder Ärztin erklärt?

Zunächst einmal: Es gibt sehr viele sehr engagierte Mediziner*innen, die Befunde auch sehr gut erklären. Trotzdem gibt es verschiedene Probleme. Einmal ist die Zeit pro Patient*in leider sehr begrenzt, im Durchschnitt sind es nur 7-8 Minuten. Man weiß auch, dass bis zu 80 Prozent der Informationen direkt vergessen werden, sobald die Tür des Arztzimmers hinter einem zufällt. Ein Arztbesuch ist schließlich oft stressig, die besprochenen Themen sind nicht immer leicht zu verkraften. Für Patient*innen ist es damit oft eine Ausnahmesituation. Viele trauen sich leider auch nicht, Fragen zu stellen. Gleichzeitig fällt es den Mediziner*innen nicht immer leicht, die komplexen Themen verständlich zu erklären. Im Medizinstudium lernen sie oft nur die Fachsprache – doch nicht, wie diese verständlich vermittelt werden kann. Einerseits ist es also wichtig, dass laienverständliche Kommunikation ein verpflichtender Teil des Medizinstudiums wird. Andererseits sollten Patient*innen gut vorbereitet in ein Gespräch gehen und ihre Fragen und Antworten schriftlich notieren. Wir sind außerdem der Überzeugung, dass die Befunde für die Patient*innen im Nachhinein auch immer schriftlich und damit nachlesbar zur Verfügung stehen müssen, natürlich in leicht verständlicher Sprache.
 

Wo sehen Sie "Was hab' ich?" in 5 Jahren?

Unsere Vision ist eine Arzt-Patienten-Kommunikation auf Augenhöhe. Es ist noch ein langer Weg bis dahin, aber wir sind der festen Überzeugung, dass wir auch zukünftig mit unseren Projekten dazu beitragen, dass Patient*innen jederzeit die Informationen erhalten, die sie benötigen. Sei es mit den kostenlosen Befundübersetzungen auf washabich.de, der Ausbildung in leicht verständlicher Kommunikation für Mediziner*innen oder mit unseren Patientenbriefen (https://patientenbriefe.de). Uns ist es wichtig, dass wir mit unseren Lösungen möglichst viele Menschen erreichen – das ist eines der wichtigsten Ziele für die nächsten Jahre.


Was motiviert Ihre Mitarbeiter*innen, sich ehrenamtlich bei "Was hab' ich?" zu engagieren?

Unsere ehrenamtlichen Befund-Übersetzer*innen möchten Patient*innen helfen. Die vielen Feedbacks, die uns täglich erreichen, sind für unser ehrenamtliches Team die größte Motivation. Sie alle erhalten zudem von uns eine intensive Ausbildung in leicht verständlicher Kommunikation. Das können sie dann hoffentlich ihr gesamtes Berufsleben lang im Austausch mit Patient*innen anwenden.