Forderungspapier: Die Pflege muss auf eine neue Grundlage gestellt werden!

Da die BAG SELBSTHILFE immer mehr Berichte von erheblichen Kostensteigerungen im Bereich der Langzeitpflege erreichten, hat sie ihr Forderungspapier für den Bereich der Langzeitpflege aktualisiert und in die politische Diskussion eingebracht. Sie finden das Forderungspapier hier:

Nach wie vor steigen die Eigenanteile im Pflegeheim – nunmehr auch getrieben durch die höheren Kosten für Personal und die Inflation. Dies hat zur Folge, dass perspektivisch immer mehr Betroffene in die Sozialhilfe abrutschen werden. Insoweit ist es dringend erforderlich, dass nun endlich die Eigenanteile im Sinne eines Sockel-Spitze-Tausches gedeckelt werden, damit Pflegebedürftige und ihre Familien auch wirklich für das Alter vorsorgen können.

Nach wie vor der größte Pflegedienst der Nation sind jedoch die Angehörigen im ambulanten Bereich. Hier fehlen Tages- und Kurzzeitpflegeplätze zur Entlastung, es gibt regional auch große Engpässe bei den Pflegediensten bedingt durch den Mangel an Pflegekräften. Die Covid-19 Pandemie hat die Lage noch verschärft. Hinzu kommen auch hier Preissteigerungen durch höhere Personalkosten und Inflation, weswegen die Betroffenen immer weniger Leistungen einkaufen können. Hier kommt die derzeitige Dynamisierungsregelung mit einer Entscheidung über eine Anpassung alle drei Jahre zu spät, eine jährliche oder halbjährliche Anpassung ist dringend notwendig. Aktuell halten wir angesichts der hohhen Inflation eine Anpassung des Pflegegeldes um mehr als 15 Prozent für erforderlich, auch die Sachleistungen müssen aus unserer Sicht entsprechend der Tariflohnentwicklung und der Inflation angepasst werden.

Schließlich benötigen Betroffene und Angehörige dringend ein unkomplizierteres und flexibles Entlastungsbudget für die verschiedenen ambulanten Leistungen, mit dem sie die für sie passende und auch vorhandene Ausgestaltung der Leistungsangebote wählen können - ohne komplizierte Anrechnungsregelungen. Denn in vielen Fällen können Betroffene oder Angehörige vorhandene Ansprüche, etwa auf Tagespflege, rein faktisch nicht umsetzen, weil – etwa bei Kindern mit Pflegebedarf – diese gar nicht angeboten werden.

Damit auch Berufstätige die Angehörigenpflege realistisch leisten können, ohne den Beruf zu verlassen, sollte es eine Lohnersatzleistung analog dem Elterngeld für sie geben.

Um die Perspektive der Pflegebedürftigen und der pflegenden Angehörigen stärker in die Versorgung zu implementieren, sollten zudem die maßgeblichen Organisationen der Pflegebedürftigen stärker organisatorisch in ihrer Beteiligung am Qualitätsausschuss Pflege unterstützt werden – entsprechend der Unterstützung im Gemeinsamen Bundesausschuss. Ferner sollte auch die Transparenz des Gremiums gestärkt werden.

Wir fordern daher

  • die Erhöhung des Pflegegeldes um 15-20 Prozent und die Anpassung der Pflegesachleistungen an die Kostensteigerungen durch Inflation und Tariferhöhungen. Zudem sollte die jährliche Dynamisierung der Leistungen, im Falle von hohen Preissteigerungen auch in kürzeren Abständen und ggf. Einmalzahlungen vorgesehen werden.
     
  • eine Deckelung der Eigenanteile im Pflegeheim im Sinne eines Sockel-Spitze-Tausches; perspektivisch sollten die Kosten des pflegebedingten Aufwands vollständig von der Pflegekasse getragen werden. Kosten für Unterkunft und Verpflegung sollten besser kontrolliert, die Investitionskosten sollten nun endlich vollständig von den Ländern übernommen werden.
     
  • die zügige Einführung des Entlastungsbudgets, das Kurzzeit-, Verhinderungs- und Tagespflege zu einem gemeinsamen Budget zusammenfasst – ohne Anrechnung auf eine andere Leistungsart.
     
  • den flächendeckenden Ausbau der Tages- und Kurzzeitpflege sowie Schließung von Lücken bei Pflegeheimplätzen und ambulanter Pflege bzw. ein entsprechendes Monitoring der Umsetzung durch die Länder. Zudem sollte es auch einen Sicherstellungauftrag für stationäre und ambulante Pflegeleistungen geben, der von den Kommunen übernommen wird; denn immer mehr Menschen finden überhaupt keine Angebote mehr oder werden von den vorhandenen Leistungserbringern abgelehnt.
     
  • eine neutrale und kostenträgerunabhängige Pflegeberatung vor Ort mit Überblick über die vorhandenen Leistungsangebote und freien Plätze.
     
  • eine Unterstützung von berufstätigen Angehörigen durch Schaffung einer Lohnersatzleistung analog dem Elterngeld.
     
  • eine Unterstützung der Verbände nach § 118 SGB XI (maßgebliche Organisationen zur Vertretung der Anliegen von Pflegebedürftigen und ihren pflegenden Angehörigen) durch Einrichtung einer Stabsstelle Patientenbeteiligung für die Arbeit im Qualitätsausschuss Pflege.
     
  • eine stärkere Transparenz dieses Gremiums, damit die entsprechenden Diskussionen im Plenum auch öffentlich dargestellt und nachvollzogen werden können. Dies würde nicht die Arbeit in den Arbeitsgruppen betreffen, sondern nur – entsprechend den Regelungen im GBA – die Diskussionen im Plenum.

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