Berlin. 20.08.2020. In Folge des Beschlusses ist es nun möglich, dass sich Patientinnen und Patienten mit einer Biologika-Dauertherapie allein aus Kostengründen einem mehrfachen Wechsel von Biologika-Präparaten unterziehen müssen. Es liegen bisher jedoch nur unzureichend wissenschaftliche Daten für eine unbedenkliche Therapiefortführung mit mehrfachem Wechsel der Präparate ohne Wirkverlust und ohne plötzlich auftretende Nebenwirkungen vor. Zusätzlich besteht die Gefahr, dass durch sogenannte Nocebo-Effekte, Adhärenz-Probleme und Anwendungsfehler beim Einsatz von immer wieder neuen und unterschiedlich gebauten Spritzen und Pens auch gut auf eine Therapie eingestellte chronisch kranke Patientinnen und Patienten Wirksamkeitsverluste oder sogar Schäden erleiden. Die Bedenken bestehen dabei besonders bei den komplexen biotechnologisch hergestellten Wirkstoffen, die bei chronischen Erkrankungen von den Patientinnen und Patienten über Jahre hinweg eingenommen werden müssen. Der Beschluss wurde gegen das Votum der Patientenvertretung gefasst und lässt zudem wichtige kritische Einschätzungen der Expertinnen und Experten der wissenschaftlichen Fachgesellschaften außer Acht.
Aufgrund der hohen Therapiekosten und vor dem Hintergrund einer guten Datenlage ist aus Patientenperspektive ein einmaliger Wechsel zwischen einem Referenzbiologikum und einem entsprechenden Biosimilar aus ökonomischen Gründen akzeptabel. Denn für diesen einmaligen Wechsel gibt es hinreichend wissenschaftliche Daten, die bei der Zulassung der jeweiligen Biosimilars oftmals bereits vorliegen und die Unbedenklichkeit des Wechsels vom Referenzbiologikum auf das entsprechende Biosimilar bescheinigen.
Für Wechsel von entsprechenden Biosimilars untereinander fehlen diese Sicherheitsdaten jedoch bisher. Da zurzeit keine veröffentlichten Studien mit wissenschaftlichen Daten für die Unbedenklichkeit vorliegen, sollten Wechsel von Biosimilars untereinander zum jetzigen Zeitpunkt ausschließlich aus medizinischen Gründen erfolgen. Ein Biosimilar ist in der Regel nicht identisch mit seinem Referenzbiologikum, sondern nur ähnlich. Das unterscheidet Biosimilars erheblich von Generika. Alle Biologika werden mit Hilfe lebender Zellen produziert. Die Struktur der Wirkstoffe wird dabei von vielen verschiedenen Faktoren im Produktionsprozess beeinflusst.
Bis zum Jahr 2022 muss der G-BA auch den Austausch von Biosimilars in den Apotheken regeln. Eine Gleichsetzung mit den Regelungen zum Generika-Austausch gilt es vor dem Hintergrund der genannten Probleme und der fehlenden wissenschaftlichen Datengrundlage unbedingt zu verhindern.
Bei der Umstellung auf ein anderes Biologika-Präparat kommt der Aufklärung der Patientinnen und Patienten eine erhebliche Bedeutung zu. Mit Blick auf die gegebenenfalls unterschiedlichen Spritzen und Pens sind auch Schulungen für Patientinnen und Patienten unter Anleitung der verordnenden Ärztinnen und Ärzte unerlässlich. Um zukünftig eine bessere Datengrundlage hinsichtlich der Umstellungen auf andere Präparate zu gewährleisten, ist es dringend geboten, die bestehenden Register konsequent auszubauen und sämtliche Umstellungen beziehungsweise Präparate-Wechsel zu erfassen.
Ansprechpartnerin: Dr. Cornelia Sander, Ständige Patientenvertreterin im Unterausschuss
Arzneimittel, E-Mail: csander@dccv.de
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Die Patientenvertretung im G-BA besteht aus Vertreter*innen der vier maßgeblichen Patientenorganisationen
entsprechend der Patientenbeteiligungsverordnung:
- Deutscher Behindertenrat,
- Bundesarbeitsgemeinschaft PatientInnenstellen und -initiativen,
- Deutsche Arbeitsgemeinschaft Selbsthilfegruppen e.V.
- Verbraucherzentrale Bundesverband e.V.
Die Patientenvertretung im G-BA kann mitberaten und Anträge stellen, hat aber kein Stimmrecht.
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