Berlin, 25. Juli 2023. Der Gemeinsame Bundesausschuss (G-BA) hat am 20. Juli gegen das Votum der Patientenvertretung entschieden, im nächsten Jahr nicht zu erheben, ob und wie umfangreich Nephrologinnen und Nephrologen ihre Patientinnen und Patienten über alle Verfahren der Nierenersatztherapie informieren. Die für die Qualitätssicherung erforderlichen Angaben sollen erst überarbeitet werden.
Die maßgeblichen Patientenorganisationen kritisieren diese Entscheidung als fatales Signal für die Versorgung, weil letztlich nicht mehr erkennbar ist, ob Patientinnen und Patienten tatsächlich in die Lage versetzt werden, zwischen verschiedenen Verfahren zu wählen und sich damit z.B. auch faktisch für ein passendes Verfahren entscheiden können.
Seit Jahren ist es fachlicher Konsens, dass eine umfassende und breite Information der Patientinnen und Patienten und deren Angehörigen über die verschiedenen Behandlungsverfahren zur Nierenersatztherapie (Hämo- und Peritonealdialyse/Bauchfelldialyse, beide als Heim- oder Zentrumsdialyse möglich, Nierentransplantation einschließlich Lebendorgantransplantation) durch die behandelnde Nephrologin oder den behandelnden Nephrologen erfolgen und die Vor- und Nachteile der einzelnen Verfahren ausführlich besprochen werden sollen. Dies lässt sich internationalen Leitlinien sowie dem Dialysestandard der Deutschen Gesellschaft für Nephrologie in Zusammenarbeit mit der Gesellschaft für Pädiatrische Nephrologie (GPN) entnehmen.
Dennoch belegen zum Beispiel die Ergebnisse eines Projektes der Universität Köln aus 2021, welches vom Innovationsausschuss beim G-BA gefördert wurde[1], dass gut 40 Prozent der befragten Dialysepatientinnen und -patienten noch nicht einmal über die Existenz der Peritonealdialyse informiert wurden. In der Handlungsempfehlung des Projektes wurde hervorgehoben, dass auch wegen der unterschiedlichen Expertise der Ärztinnen und Ärzte in Hinblick auf die Peritonealdialyse eine Standardisierung der ärztlichen Aufklärung erfolgen solle, um eine informierte und damit letztlich selbstbestimmte Patientenentscheidung zu sichern.
Im Qualitätssicherungsverfahren Nierenersatztherapie des G-BA wird deshalb zu Recht bislang abgefragt, ob zu allen Behandlungsverfahren ein Informationsgespräch durchgeführt wird. Und wenig überraschend zeigen die Ergebnisse, dass diese Information bei der Mehrheit der Leistungserbringer nicht standardisiert durchgeführt wird. Doch anstatt dies zum Anlass zu nehmen, weiter auf eine Standardisierung der Patienteninformation hin zu arbeiten, ist es nun Wunsch einzelner Träger des G-BA, dass die Datenfelder auch noch so überarbeitet werden, dass Ärztinnen und Ärzte angeben können, warum sie in bestimmten Fällen nicht die fachlich geforderte Information angeboten haben.
Die maßgeblichen Patientenorganisationen bedauern, dass der G-BA die Empfehlungen des Innovationsfonds-Projektes bislang ignoriert. Sie fordern nun eine zügige Weiterentwicklung der Qualitätssicherung Nierenersatztherapie. Patienteninformation und -aufklärung müssen verbessert werden und der G-BA muss die bereits vom IQTiG entwickelten Patientenbefragung zügig auf den Weg bringen.
Ansprechpartnerin: Cordula Mühr, Sprecherin der Patientenvertretung im Unterausschuss Qualitätssicherung. E-Mail: cordulamuehr@yahoo.de
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Die Patientenvertretung im G-BA besteht aus Vertreter:innen der vier maßgeblichen Patientenorganisationen entsprechend der Patientenbeteiligungsverordnung:
- Deutscher Behindertenrat,
- Bundesarbeitsgemeinschaft PatientInnenstellen und -initiativen,
- Deutsche Arbeitsgemeinschaft Selbsthilfegruppen e.V.
- Verbraucherzentrale Bundesverband e.V.
Die Patientenvertretung im G-BA kann mitberaten und Anträge stellen, hat aber kein Stimmrecht.
[1] MAU-PD – Multidimensionale Analyse der Ursachen für die niedrige Prävalenz der ambulanten Peritonealdialyse in Deutschland