Stellungnahme zum Entwurf eines Gesetzes zur Stärkung des Schutzes der Bevölkerung und insbesondere vulnerabler Personengruppen vor COVID-19 (COVID-19-SchG)

Als Dachverband von 123 Bundesverbänden der Selbsthilfe chronisch kranker und behinderter Menschen und deren Angehörigen sowie von 12 Landesarbeitsgemeinschaften begrüßen wir die Vorbereitung des Bundesministeriums für Gesundheit für den kommenden Herbst im Hinblick auf Infektionserkrankungen; dies gilt besonders für die Maßnahmen zur besseren Erfassung des Pandemiegeschehens und der vorhandenen Bettenkapazitäten, um so frühzeitig eine Zuspitzung und Engpässe in der Versorgung absehen zu können.

Sie bittet aber dringend darum, bei Fortschreibungen von Gesetzen und Verordnungen längere Fristen vorzusehen, da sich andernfalls – bei Fristen teilweise von wenigen Tagen oder sogar Stunden - der Eindruck aufdrängt, dass die Partizipation von Akteuren der Gesundheits- und Pflegeversorgung – zu denen auch die Selbsthilfe zählt - nur noch eine Alibifunktion hat.

Aus der Sicht der BAG SELBSTHILFE ist dies aber nicht zielführend: Denn die Qualität der Gesetz- und Verordnungsgebung hängt auch davon ab, dass unerwünschte Auswirkungen einer Regelung und Missbrauchsmöglichkeiten vorher abgeklärt und Versorgungslücken eruiert werden. Dies kann aber nur gelingen, wenn Gesetzesvorhaben mit den Vertreter*innen aus der Praxis ernsthaft diskutiert werden und das BMG selbst genug Zeit zur Auswertung dieser Diskussionen hat.

Der Koalitionsvertrag sagt dazu klar:

„Wir wollen die Qualität der Gesetzgebung verbessern. Dazu werden wir neue Vorhaben frühzeitig und ressortübergreifend, auch in neuen Formaten, diskutieren. Wir werden dabei die Praxis und betroffene Kreise aus der Gesellschaft und Vertreterinnen und Vertreter des Parlaments besser einbinden sowie die Erfahrungen und Erfordernisse von Ländern und Kommunen bei der konkreten Gesetzesausführung berücksichtigen.“

Zu einzelnen Vorschriften nimmt die BAG SELBSTHILFE wie folgt Stellung:

1. Patientenbeteiligung bei der KRINKO (§§ 34, 35 InfSchG)

Die BAG SELBSTHILFE hält es für sinnvoll, dass in der Kommission für Krankenhaushygiene und Infektionsprävention beim RKI (KRINKO), die zukünftig auch Empfehlungen für Einrichtungen und Unternehmen der Pflege und Eingliederungshilfe erarbeitet, explizit auch Menschen der Verbände von Menschen mit Behinderungen, chronischen Erkrankungen und der Pflegebedürftigen beteiligt werden; auf diese Weise sollte sichergestellt werden, dass die Anliegen der Betroffenen und ihre Expertise berücksichtigt werden. Zu Recht ist die Patientenbeteiligung in anderen Bereichen des Gesundheitswesens längst Standard; dies sollte auch für den Bereich des Infektionsschutzes gelten. Nach der Gesetzesbegründung sind bisher nur „Mitglieder mit einer professionellen Kenntnis der Verhältnisse und Aufgaben in den Bereichen der Pflege- und der Eingliederungshilfe einzubeziehen.“ Dies schließt jedoch nur die Einrichtungsträger ein; gerade im Bereich der Pflege sind jedoch dadurch die Betroffenenvertreter*innen außen vor, insoweit sollten zumindest die Verbände nach § 118 SGB XI in die Kommission einbezogen werden.

2. Sonderregelungen für den Fall einer epidemischen Lage von nationaler Tragweite oder Auftreten einer übertragbaren Krankheit mit klinisch schweren Verlaufsformen und absehbar epidemischer Verbreitung (§§ 85a, 111, 111c, 125b SGB V)

Die BAG SELBSTHILFE begrüßt es, dass die Bundesregierung sicherstellt, dass die Kostenträger und Leistungserbringer für die Versorgung bei Vertragszahnärzten, Vorsorge-, Rehabilitationseinrichtungen sowie Heilmittelerbringern im Fall einer epidemischen Lage von nationaler Tragweite oder wenn gemäß § 23 Absatz 1 des Infektionsschutzgesetztes eine übertragbare Krankheit mit klinisch schweren Verlaufsformen auftritt und mit ihrer epidemischen Verbreitung zu rechnen ist, Vereinbarungen treffen, um die entstehenden Kosten für erhöhte Hygienemaßnahmen bzw. die verminderte Inanspruchnahme der Leistungen auszugleichen.

Aus der Sicht der BAG SELBSTHILFE sind diese Regelungen wichtig, um die Versorgung aufrecht zu erhalten; sie fordert aber – ebenso wie die Rheuma Liga BV - nach wie vor eine Berücksichtigung aller Rehabilitationsdienste sowie insbesondere auch der ergänzenden Leistungen zur Rehabilitation für entsprechende Ausgleichsmaßnahmen. Während der ersten beiden Jahre sind lediglich von einem Teil der Krankenkassen Hygienezuschläge gezahlt worden. Ein Ausgleich der Mindereinnahmen der Leistungserbringer aufgrund der pro Teilnahme abgerechneten Vergütungen, die aufgrund der Anforderungen an den Mindestabstand reduziert werden mussten, ist nicht erfolgt, aber zwingend notwendig, damit die Leistung auch langfristig erbracht werden kann.

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