Stellungnahme zum Sechsten Armuts- und Reichtumsbericht der Bundesregierung „Lebenslagen in Deutschland“

Die BAG SELBSTHILFE begrüßt die Möglichkeit zur Stellungnahme zum Entwurf des Sechsten Armuts- und Reichtumsbericht der Bundesregierung.

1. Vormerkung

Das Armutsrisiko von Menschen mit Behinderungen und chronischen Erkrankungen in unserer Gesellschaft ist im Vergleich zur Gesamtbevölkerung erheblich erhöht, da die Inklusion in unserer Gesellschaft längst noch nicht umgesetzt ist.

Einerseits sind wir noch weit davon entfernt, allen Menschen mit Behinderungen die volle Teilhabe am Arbeitsleben zu ermöglichen, so dass diese Bevölkerungsgruppe von zentralen Erwerbsmöglichkeiten ausgeschlossen bleibt.

Andererseits stellen die vielfältigen Barrieren und Diskriminierungen, denen sich Menschen mit Behinderungen ausgesetzt sehen, massive Einschränkungen dar, die das Armutsrisiko erheblich erhöhen.

Schließlich sind unsere sozialen Sicherungssysteme immer noch so ausgestaltet, dass sich Menschen mit Behinderungen in vielfältiger Weise mit Vermögensanrechnungen, Aufzahlungen, Zuzahlungen und Eigenanteilen sowie Mehrkostenvorbehalten konfrontiert sehen. Aus Sicht der BAG SELBSTHILFE ist es unverständlich, dass dieser untragbare Zustand im Armuts- und Reichtumsbericht der Bundesregierung nicht thematisiert wird. Die volle Teilhabe am Leben in der Gesellschaft muss für alle Menschen mit Behinderungen und chronischen Erkrankungen ohne Vermögenseinbußen möglich sein.

2.  Im Einzelnen ist zum sechsten Armuts- und Reichtumsbericht aus Sicht der BAG SELBSTHILFE folgendes auszuführen:

TEIL A

Rahmenbedingungen im Berichtszeitraum

zu II.1.1 „Altersstruktur, natürliche Bevölkerungsbewegungen und Lebenserwartung“ (vgl. S. 28)

Im Bericht wird ausgeführt, dass die veränderte Altersstruktur auch Folgen für den Gesundheits- und Pflegebereich haben wird. Rund 10 Prozent der Bevölkerung sollen angegeben haben, Behinderungen oder dauerhafte körperliche, die Sinne betreffende oder kognitive Einschränkungen zu haben.

Aus Sicht der BAG SELBSTHILFE muss daher das Gesundheitssystem künftig viel stärker auf die Bedarfe chronisch kranker und behinderter Menschen ausgerichtet werden. Eine flächendeckende Versorgung mit barrierefreien Gesundheitseinrichtungen ist dabei unabdingbar.

Auch in der Aus-, Fort- und Weiterbildung der Medizinerinnen und Mediziner müssen die Belange behinderter und chronisch kranker Menschen künftig eine viel größere Rolle spielen.

Ferner müssen die Empfehlungen der Konzertierten Aktion Pflege zeitnah umgesetzt werden. Schließlich müssen die Angebote und Strukturen der Selbsthilfe behinderter und chronisch kranker Menschen weiter gestärkt werden.

TEIL B

Materielle Situation der Haushalte

zu I.3.2. „Entwicklung der Einkommen differenziert nach sozio-demografischen Merkmalen/ Schaubild B.I.3.1 (vgl. S. 56f.)

In Teil B des Berichts unter Punkt 1.3.2 „Entwicklung der Einkommen differenziert nach sozio-demografischen Merkmalen“ wird im Schaubild B.I.3.1 (vgl. S. 56) das mittlere Nettoäquivalenzeinkommen sowie die Armutsrisikoquote für verschiedene Bevölkerungsgruppen dargestellt. Es wird berichtet, dass Personen, die einen GdB oder einen Prozentsatz der Erwerbsminderung von mindestens 50 angeben, im Mittel 64 Jahre alt und überwiegend nicht mehr erwerbstätig sind, sowie dass Ihr mittleres Einkommen im Jahr 2016 bei 20.070 Euro lag.

Es ist ersichtlich, dass die Armutsrisikoquote in % bei dieser Gruppe im Vergleich zur Gesamtbevölkerung erhöht ist.

Die BAG SELBSTHILFE vermisst im Bericht jedoch genaue Angaben zu den Einkommensverhältnissen der Gruppe behinderter Menschen im Vergleich zur Gesamtbevölkerung.

zu 1.6.4 Wirkungen des Bundesteilhabegesetzes (vgl. S.106)

Im Bericht wird zwar die Reform der Vermögensfreibeträge durch das BTHG angesprochen. Um das Armutsrisiko für Menschen mit Behinderungen zu vermindern, müssten die Leistungen der Eingliederungshilfe künftig aber einkommens- und vermögensunabhängig erbracht werden. Ferner müssten die nach wie vor bestehenden Leistungsausgrenzungen über Mehrbedarfsregelungen oder das Fehlen der Kostentragung für Assistenzleistungen dringend abgestellt werden.

Aus Sicht der BAG SELBSTHILFE fehlen hierzu klare Aussagen im Bericht.

zu 1.7.3 Änderungen bei Steuern und Sozialabgaben (vgl. S. 114)

Die im Bericht angesprochene Erhöhung der Behinderten-Pauschbeträge und des Pflege-Pauschbetrags wird aus Sicht der BAG SELBSTHILFE sehr begrüßt.

Gesellschaftliche und regionale Bedeutung der Daseinsvorsorge und der Versorgung mit Dienstleistungen und Infrastruktur

zu IV.2.3.1 Inanspruchnahme nach Einkommen (vgl. S. 173)

Laut Bericht zeigt sich in den Ergebnissen der Querschnittsanalyse, dass Berufs- oder

Hochschulen seltener in Anspruch genommen werden, je höher das Haushaltseinkommen ist.

„Das Merkmal „Grad der Behinderung >= 50 Prozent“ steht mit einer geringeren Inanspruchnahme in Zusammenhang, was auf mögliche Barrieren bei der Inanspruchnahme hinweist.“

Aus Sicht der BAG SELBSTHILFE ist bedauerlich, dass die Problematik der teilweise fehlenden digitalen Barrierefreiheit an Hochschulen sowie die Defizite im Hinblick auf die inklusive Bildung nicht angesprochen werden. Bildungsdefizite sind der zentrale Faktor bei der Erhöhung des Armutsrisikos von Menschen mit Behinderungen.

TEIL C

Erwerbsleben

zu I.1.2 Arbeitslosigkeit (vgl. S. 225)

Im Bericht wird dargestellt, dass im Jahr 2017 46,9 Prozent aller schwerbehinderten Menschen im erwerbsfähigen Alter erwerbstätig waren.

„Während in diesem noch 162.000 schwerbehinderte Menschen (einschließlich gleichgestellter Personen) arbeitslos gewesen waren, waren dies im Jahresdurchschnitt 2019 nur noch 155.000. Die Arbeitslosenquote lag 2019 bei 10,9 Prozent und ist deutlich höher als eine entsprechend berechnete personenübergreifende Referenzquote (2019: 6,2 Prozent). Der Anteil der schwerbehinderten Menschen an allen Arbeitslosen erhöhte sich leicht auf 7 Prozent (2017: 6 Prozent). Hierbei muss berücksichtigt werden, dass die Zahl der schwerbehinderten Menschen wegen der Alterung der Erwerbsbevölkerung zugenommen hat. Im Jahresdurchschnitt 2020 waren 170.000 schwerbehinderte Menschen arbeitslos. Ihr Anteil an allen Arbeitslosen betrug 6,3 Prozent.“

Die Arbeitslosigkeit schwerbehinderter Menschen ist massiv gegenüber der Arbeitslosigkeit in der Allgemeinbevölkerung erhöht. Besonders problematisch ist die Situation der Personen, die noch nie auf dem ersten Arbeitsmarkt Fuß fassen konnten. Hierzu fehlt aus Sicht der BAG SELBSTHILFE im Bericht eine deutliche Problembeschreibung sowie die Darstellung von Lösungsansätzen.

zur Teilhabe am Arbeitsmarkt (§ 16i SGB II) (vgl. S. 262) unter 1.4.4.2 Maßnahmen der aktuellen Wahlperiode

Im Bericht wird dargestellt, dass mit dem Regelinstrument „Teilhabe am Arbeitsmarkt“ seit 1. Januar 2019 für sehr arbeitsmarktferne Menschen eine längerfristige öffentlich geförderte Beschäftigung mit dem Ziel sozialer Teilhabe ermöglicht wird.

„Zielgruppe sind Personen über 25 Jahren, die seit mindestens sechs Jahren innerhalb der vergangenen sieben Jahre Leistungen nach dem SGB II bezogen haben und in dieser Zeit nicht oder nur kurzzeitig erwerbstätig waren. Schwerbehinderte Menschen und Personen mit mindestens einem minderjährigen Kind in der Bedarfsgemeinschaft erhalten nach fünf Jahren Leistungsbezug Zugang zur Förderung. Es werden sozialversicherungspflichtige Arbeitsverhältnisse (ohne Arbeitslosenversicherung) bei allen Arten von Arbeitgebern gefördert.“

Die BAG SELBSTHILFE begrüßt die Regelung des § 16i SGB II.

Zur Sicherung der Teilhabe am Arbeitsleben ist es aber auch erforderlich, dass jegliche beruflich genutzte Software und alle genutzten digitalen Anwendungen barrierefrei programmiert sein müssen. Alle Arbeitgeber müssen die Nutzung von assistiven Technologien ermöglichen. Sicherheitstechnische Probleme müssen ausgeräumt werden und dürfen Menschen, die auf technische Hilfsmittel angewiesen sind, nicht von der Arbeitswelt ausschließen.

zu I.4.6.2 Maßnahmen der Bundesregierung (vgl. S. 265) unter I.4.6 Förderung von Inklusion auf dem Arbeitsmarkt

Die BAG SELBSTHILFE begrüßt, dass die Bundesregierung mit den Initiativen „Inklusion gelingt“ und „Wirtschaft Inklusiv“ mehr Anstrengungen unternimmt, die Arbeitgeber für die Beschäftigung von Menschen mit Behinderungen zu sensibilisieren, damit mehr Arbeits- und Ausbildungsplätze zur Verfügung stehen. „Das Bundesprogramm „Alle Im Betrieb“ fördert Beschäftigungsverhältnisse in Inklusionsbetrieben und hat hierfür ein Volumen von 150 Millionen Euro aus dem Ausgleichsfonds.“

Aus Sicht der BAG SELBSTHILFE ist es unverständlich, dass die von Herrn Bundesminister Hubertus Heil am 03.12.2020 angekündigte Erhöhung der Ausgleichsabgabe nicht als Lösungsperspektive im Bericht angesprochen wird.

Bildung

zu II.2.5.Bildung im Erwachsenenalter (vgl. S. 300)

Die BAG SELBSTHILFE begrüßt die Zielstellung: „allen älteren Menschen die Chancen der Digitalisierung zu eröffnen: gleich welchen Geschlechts, unabhängig von Bildungsstand und Einkommen sowie vom Wohnort oder ob eine Behinderung vorliegt oder nicht. Die digitale Kluft darf nicht größer, bestehende Ungleichheiten dürfen nicht vertieft, sondern sie müssen abgebaut werden.“

Damit alle Menschen gleichermaßen von der Digitalisierung profitieren und niemand ausgeschlossen wird, muss digitale Barrierefreiheit konsequent berücksichtigt und umgesetzt werden.

Wohnen, Wohnkosten und Wohnumfeld

zu III.2.3.1 Barrierearmes Wohnen im Alter und für Menschen mit Behinderungen (vgl. S. 336)

Im Bericht wird dargestellt, dass der Abbau von Barrieren im Wohnungsbestand ein wichtiges politisches Anliegen der Bundesregierung sei. Investitionen in altersgerechte Wohnungen und deren Umfeld seien Bestandteil einer ganzheitlichen Wohnungs- und Stadtentwicklungspolitik.

Ferner wird im Bericht die Zielstellung angegeben, „dass Menschen mit Behinderungen so lange wie möglich in ihrer eigenen Wohnung und in ihrer vertrauten Umgebung leben können.

Aus Sicht der BAG SELBSTHILFE ist die Vorgabe der UN-BRK, dass jeder Mensch das Recht hat, selbst zu entscheiden, wo und wie er leben möchte in Deutschland nicht im Ansatz erfüllt. Der Mangel an barrierefreiem Wohnraum und einem entsprechenden Wohnumfeld ist gerade für Menschen mit Behinderungen exorbitant. Die vorhandenen Fördermittel sind völlig unzureichend. Menschen mit Behinderungen müssen oftmals mit der Sorge leben, in Einrichtungen untergebracht zu werden, weil dort die Assistenzleistungen kostengünstiger zu erbringen sind. Hier muss gesetzlich sichergestellt werden, dass niemand ins Heim gezwungen werden darf.

Die BAG SELBSTHILFE fordert darüber hinaus nachdrücklich:

1) Es muss deutlich mehr bezahlbarer Wohnraum für Menschen mit Behinderungen geschaffen werden. Die Mittel, die der Bund den Ländern als Ausgleich für den Wegfall früherer Finanzhilfen für die soziale Wohnraumförderung zahlt, müssen erhöht und die Länder verpflichtet werden, diese Mittel zweckgebunden für den barrierefreien und -reduzierenden Um- und Neubau sowie neue Sozialbindungen zu verwenden. Vertreterinnen und Vertreter von Menschen mit Behinderungen sind rechtzeitig zu beteiligen.

2) Der Bund unterstützt die Herstellung nachhaltiger städtebaulicher Strukturen mit Finanzhilfen. Diese ergänzen Mittel der Länder und Kommunen. Barrierefreiheit und -reduzierung müssen Bedingungen für alle weiteren Förderungen des Bundes werden, insbesondere für die Städtebauförderung. Vertreterinnen und Vertreter von Menschen mit Behinderungen sind auch hier rechtzeitig zu beteiligen.

3) Die Bundesregierung muss sich dafür einsetzen, dass die Bundesländer nicht unter dem Druck einer erhöhten Nachfrage nach bezahlbarem Wohnraum die gängigen Bauvorschriften zur Barrierefreiheit unterlaufen. Menschen mit Behinderungen haben bereits heute große Probleme, geeigneten und bezahlbaren Wohnraum zu finden. Vor dem Hintergrund, dass man bei Wohngebäuden von einer „Lebensdauer“ von 80 Jahren ausgeht, muss jetzt barrierefrei gebaut werden. Grundsätzlich sind beim barrierefreien Bauen alle Beeinträchtigungsgruppen, also nicht nur mobilitätseingeschränkte Menschen, sondern auch Sinnesbeeinträchtigte zu berücksichtigen.

4) Die BAG SELBSTHILFE begrüßt die Wiedereinführung der Zuschussförderung im KfW-Programm „Altersgerecht Umbauen“. Im Bericht wird ausgeführt, dass der Bund im Jahr 2021 130 Mio. Euro für den Barriereabbau zur Verfügung stellt.

Allerdings reichen diese Mittel bei weitem nicht aus und müssen zumindest auf den Stand von 2020 (190 Mio. EUR) wieder heraufgesetzt werden. Ferner müssen die laufenden Modellvorhaben dahingehend ausgewertet werden, wie möglichst effizient auch in der Fläche barrierefreier Wohnraum geschaffen werden kann. Darüber hinaus muss ein bundesweites Register für barrierefreien Wohnraum eingeführt werden, um ein ideales Matching zwischen vorhandenem Angebot und Wohnungssuchenden mit bestimmten Beeinträchtigungen zu ermöglichen. Ohnehin ist bundesweit eine konkrete Planung aufzulegen, wieviel Prozent an barrierefreiem Wohnraum pro Planungsbezirk zur Verfügung stehen soll.

5) Die Rückbauverpflichtung von Mietern nach barrierefreier Umgestaltung von Mietwohnungen ist gesetzlich auszuschließen. Der Erhalt von barrierefreiem Wohnraum ist Teil der Sozialbindung des Eigentums.

Gesundheit

Zur Digitalisierung (vgl. S. 399) unter IV.3.1 Übergreifende Maßnahmen

„Mit dem Terminservice- und Versorgungsgesetz vom 6. Mai 2019 (BGBl. I S. 646 (TSVG)), das zum Großteil am 11. Mai 2019 in Kraft getreten ist, wurden die Krankenkassen verpflichtet, ihren Versicherten ab dem 1. Januar 2021 eine elektronische Patientenakte (ePA) anzubieten. Das am 20. Oktober 2020 in Kraft getretene Patientendaten-Schutz-Gesetz (PDSG) enthält Regelungen zur Weiterentwicklung der ePA in mehreren Ausbaustufen sowie zur datenschutzgerechten Ausgestaltung“

Aus Sicht der BAG SELBSTHILFE muss für den Bereich der Gesundheit der umfassende und barrierefreie Zugang zur elektronischen Patientenakte und den darauf gespeicherten Informationen, zu allen elektronischen Anwendungen, wie dem E-Rezept oder der digitalen AU, und zu durch die gesetzlichen oder privaten Krankenkassen finanzierten digitalen Gesundheitsanwendungen und -leistungen umfassend gewährleistet sein. Alle Leistungserbringer (u.a. Ärzte, Kliniken, Therapeuten, Apotheken) müssen verpflichtet werden, ihre digitalen Informationen und Dienstleistungen ausschließlich barrierefrei anzubieten.

Zu Personengruppen- und lebensweltbezogenen Gesundheitsförderung (vgl. S. 410) unter IV.3.4.2 Maßnahmen der Bundesregierung

Im Bericht wird ausgeführt, dass seit Mitte des Jahres 2019 alle Kommunen Fördergelder für Projekte zur Gesundheitsförderung und Prävention für sozial und gesundheitlich benachteiligte Menschen beantragen können. „Die Krankenkassen stellen insgesamt etwa 90 Millionen Euro für den bundesweiten Aufbau und die Weiterentwicklung kommunaler Strukturen sowie die Umsetzung zielgruppenspezifischer, gesundheitsfördernder Interventionen bereit. Davon können sozial und gesundheitlich besonders verletzliche Personengruppen profitieren wie Alleinerziehende, Menschen mit Migrationshintergrund, Menschen mit Behinderungen sowie Kinder und Jugendliche aus sucht- und psychisch belasteten Familien.“

Im Bericht fehlt aus Sicht der BAG SELBSTHILFE eine Analyse zur Unter- und Fehlversorgung von Menschen mit Behinderungen in der gesundheitlichen Versorgung.

zur verbesserten Selbsthilfeförderung in der Pflege (vgl. S. 413 unter IV.3.5 Pflegeversicherung)

Im Bericht wird dargestellt, dass durch Änderung des § 45d SGB XI mit dem Pflegepersonal-Stärkungsgesetz die Förderung der Selbsthilfe von Pflegebedürftigen und pflegenden Angehörigen gestärkt wurde.

Die BAG SELBSTHILFE begrüßt die Schaffung des § 45d SGB XI, hält aber die Schaffung entsprechender Fördervorschriften für alle Rehabilitationsträger, insbesondere für die gesetzliche Unfallversicherung für erforderlich. Leider läuft die Fördervorschrift des § 28 SGB IX bislang völlig leer.

Gesellschaftliche und politische Teilhabe sowie freiwilliges Engagement zur Politischen Partizipation von Menschen mit Behinderungen (vgl. S.448 unter V.3.5. Zusammenfassung und Maßnahmen der Bundesregierung)

Im Bericht wird der Partizipationsfonds als ein Mittel dargestellt, um aktive Teilnahme von Menschen mit Behinderungen an politischen Entscheidungsprozessen zu ermöglichen und zu fördern: „Seit 2020 stehen jährlich 1,1 Mio. Euro zur Verfügung. Gefördert werden Maßnahmen, die die Fähigkeiten und Möglichkeiten der Organisationen von Menschen mit Behinderungen verbessern, Politik und Gesellschaft gleichberechtigt mitzugestalten.

Aus Sicht der BAG SELBSTHILFE müssen die Fördermittel des Partizipationsfonds erhöht werden, um allen Organisationen der Menschen mit Behinderungen die Möglichkeiten zur Mitwirkung an politischen und gesellschaftlichen Diskursen zu ermöglichen.

Darüber hinaus muss die wirksame Beteiligung von Menschen mit Behinderungen an allen sie betreffenden Entscheidungen bestimmte Voraussetzungen erfüllen. Sie muss rechtzeitig, systematisch und offen erfolgen. Darüber hinaus ist sicherzustellen, dass das gesamte Spektrum von Menschen mit Behinderungen konsultiert werden kann.

Dies bedingt zum einen die vollständige Barrierefreiheit der Entscheidungsfindungsprozesse und andererseits das Empowerment der Organisationen der Menschen mit Behinderungen.

Leider ist zu konstatieren, dass die Entscheidungsfindungsprozesse insbesondere im politischen Raum vielfach ohne die Stellungnahmemöglichkeit für Menschen mit Behinderungen stattfinden.

Wo die Möglichkeit zur Mitwirkung gegeben wird, erfolgt dies zu kurzfristig, in nicht vollständig barrierefreier Form oder in einer Art und Weise, die es nicht allen Betroffenengruppen erlaubt, sich einzubringen.

Die BAG SELBSTHILFE fordert daher, dass eine gesetzliche Grundlage für ausreichende, barrierefreie Mitwirkungsmöglichkeiten der Menschen mit Behinderungen an allen politischen und gesellschaftlichen Entscheidungsfindungsprozessen geschaffen wird. Ferner ist eine inklusive Beteiligungskultur in allen staatlichen Entscheidungsfindungsprozessen erforderlich.

 

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