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Schutz von Frauen mit Behinderung vor Gewalt – Eine Gesamtstrategie ist erforderlich.

Frauen mit Behinderung sind zwei- bis dreimal häufiger von sexueller Gewalt betroffen als nichtbehinderte Frauen. Auch von körperlicher und psychischer Gewalt sind sie mehr als doppelt so häufig betroffen. Insgesamt hat durchschnittlich jede dritte behinderte Frau bereits einmal oder öfter körperliche Gewalt erfahren. Daher ist ein flächendeckendes Netz von Anlaufstellen und Einrichtungen zur Gewährung von Schutz und Hilfe für bedrohte Frauen erforderlich, damit jederzeit Krisenintervention stattfinden kann.

Ein besonderer Fokus sollte auf dem Schutz gehörloser und psychisch kranker Frauen liegen, da diese nach aktuellen Studien in besonderem Maße Übergriffen und Gewaltanwendungen ausgesetzt sind.

Die bisherigen Maßnahmen der Politik, wie etwa die Einrichtung und Förderung des bundesweiten Hilfetelefons, sind zu begrüßen, reichen jedoch bei Weitem nicht aus. Die BAG SELBSTHILFE fordert die Bundesregierung auf, entsprechende Haushaltsmittel wieder in ausreichendem Maße zur Verfügung zu stellen, etwa zur Finanzierung von flächendeckenden Präventionsmaßnahmen zum Schutz vor Gewalt von Mädchen und Frauen mit Behinderungen, aber auch zum behindertengerechten Umbau nicht barrierefreier Frauenhäuser sowie zur Etablierung dort notwendiger Assistenz, wobei ein Recht auf Wahl der Pflege- und Assistenzperson bestehen muss. Barrierefreiheit darf sich dabei nicht in baulichen Maßnahmen erschöpfen, sondern es geht auch um die Verhinderung von Kommunikationsbarrieren durch Verwendung leichter Sprache oder durch Einschaltung von Gebärdensprach- oder Schreibdolmetschern. Dabei halten wir eine gemeinsame Strategie von Bund und Ländern für sinnvoll. Teil dieser Strategie sollten einerseits Maßnahmen sein, die sich spezifisch auf Frauen mit Behinderungen beziehen, wie beispielsweise das Mentorinnenprojekt des FhF Tübingen (Frauen helfen Frauen e.V.), aber auch Maßnahmen die sich an alle Frauen richten, wie bspw. Selbstbehauptungskurse.

Barrierefreiheit umsetzen

Eine inklusive Gesellschaft setzt voraus, dass Menschen mit Beeinträchtigungen nicht durch Barrieren von der Teilhabe am gesellschaftlichen Leben ausgeschlossen werden. 

Daher hat die Schaffung von Barrierefreiheit auch eine Menschenrechtliche Dimension.

Artikel 9 der UN-Behindertenrechtskonvention verlangt von den Vertragsstaaten, geeignete Maßnahmen zu treffen, um Menschen mit Behinderung den gleichberechtigten Zugang zur physischen Umwelt, zu Transportmitteln, Information und Kommunikation sowie anderen der Öffentlichkeit bereitgestellten Einrichtungen und Diensten zu gewährleisten. Dieser umfassende Begriff der Barrierefreiheit ist grundlegende Voraussetzung für selbstbestimmte und gleichberechtigte Teilhabe und Inklusion. In fast allen Lebensbereichen ist eine solch geforderte umfassende Zugänglichkeit jedoch immer noch nicht gegeben, häufig nicht einmal im Ansatz. Im Alltag stoßen Menschen mit Behinderungen nach wie vor auf viele Barrieren: beim Bahnfahren, am Geldautomaten, im Internet, bei sprachgesteuerten Telefonmenüs, im Sportverein, beim Einkaufen oder auch beim Arztbesuch.

Vor allem sind die entsprechenden gesetzlichen Vorgaben bei weitem unzureichend. Zwar sind mit der Reform des Behindertengleichstellungsgesetzes (BGG) einige Verbesserungen erreicht worden, etwa hinsichtlich der die Verpflichtung zur Schaffung von Barrierefreiheit bei allen zivilen Neu-, Um- und Erweiterungsbauten des Bundes, unabhängig von deren Größe, im Hinblick auf die Verankerung von Leichter Sprache, in Bezug auf die Einrichtung einer Bundesfachstelle für Barrierefreiheit, aber z.B. auch im Hinblick auf die Erweiterung der Definition von „Barrierefreiheit“ um das Merkmal der „Auffindbarkeit“. Gleichzeitig wurden aber große Chancen vertan, eine Konformität des BGG mit der UN-Behindertenrechtskonvention zu bewirken. So ist man unverständlicherweise der Forderung der BAG SELBSTHILFE wie auch zahlreicher anderer Behindertenverbände nach einer Verpflichtung der Privatwirtschaft zur Schaffung von Barrierefreiheit nicht nachgekommen. Das bedeutet, dass das BGG für die Privatwirtschaft nach wie vor lediglich vorsieht, auf freiwilliger Basis „Zielvereinbarungen zur Herstellung von Barrierefreiheit“ mit Verbänden behinderter Menschen abzuschließen. Wie die Praxis zeigt, ist dieses Instrument jedoch kaum effektiv.

Die BAG SELBSTHILFE fordert aus diesem Grunde, diesen rechtlichen Zustand schnellstmöglich dahingehend zu ändern, dass eine gesetzliche Verpflichtung für öffentliche und private Rechtsträger aller Art begründet wird, bei ihren der Öffentlichkeit offenstehenden Einrichtungen und/oder angebotenen Diensten sämtliche Aspekte einer umfassenden Barrierefreiheit zu berücksichtigen, und zwar im Hinblick auf Zugänglichkeit wie Nutzbarkeit. Dabei ist auch das sogenannte Zwei-Sinne-Prinzip zu berücksichtigen.

Darüber hinaus fordert die BAG SELBSTHILFE spezielle Investitionsprogramme zur Herstellung von Barrierefreiheit in den Bereichen Wohnen, damit es für Menschen mit Behinderungen nicht noch schwerer wird, auf dem ohnehin schon heiß umkämpften Wohnungsmarkt eine geeignete und bezahlbare Wohnung zu finden. In diesem Zusammenhang ist etwa an eine finanzielle Aufstockung bei der Zuschussförderung im KfW-Programm „Altersgerecht Umbauen“ zu denken. Zugleich muss Barrierefreiheit Vorgabe sein für öffentliche private Auftraggeber im Rahmen des Vergaberechts in allen öffentlichen Ausschreibungen. Barrierefreiheit muss insoweit verpflichtender Bestandteil der Leistungsbeschreibungen wie auch der entsprechenden Vergabekriterien werden.

Die mit der Reform des BGG geschaffene „Bundesfachstelle Barrierefreiheit“  muss als zentrale Anlaufstelle zum Thema Barrierefreiheit etabliert werden. Sie darf nicht nur auf eine Beratungsinstanz für Bundesministerien und Bundesbehörden beschränkt werden, sondern muss insbesondere auch die Verbände behinderter Menschen bei der Ausübung ihrer Durchsetzungsinstrumente zur Schaffung von Barrierefreiheit unterstützen.

Auch auf europäischer Ebene sind Maßnahmen erforderlich. Vor allem muss Deutschland Schrittmacher bei den Verhandlungen für eine EU-weit gültige Richtlinie zu barrierefreien Gütern und Dienstleistungen werden: dem seit Dezember 2015 im Entwurf vorliegenden European Accessibility Act (EAA). Die Bundesregierung hat mit dem Entwurf für ein Barrierefreiheitsgesetz das Gesetzgebungsverfahren zur Umsetzung des EAA in Gang gesetzt. Hier finden Sie die Stellungnahme der BAG SELBSTHILFE zu dem Gesetzentwurf  Dieses Dokument in neuem Tab öffnen und vorlesen.

Auf nationaler Ebene bestehen weitere dringende Notwendigkeiten, die von der neuen Bundesregierung schnell in Angriff zu nehmen und umzusetzen sind:

So fehlt es insbesondere an einem bundeseinheitlichen Notruf- und Katastrophenwarnsystem für hörgeschädigte und sprach- und sprechbehinderte Menschen. Durch die Erweiterungen des bisherigen Notrufsystems hin zum Notruf 2.0 und der damit im Zusammenhang stehenden dynamischen technischen Entwicklungen müssen endlich die dringend notwendigen Änderungen des § 108 TKG und der Notrufverordnung vorgenommen werden.

Zudem ist der von der Bundesregierung am 20.06.2014 unterzeichnete Vertrag von Marrakesch zeitnah zu ratifizieren und in innerdeutsches Recht umzusetzen. Dieser Vertrag der Welturheberrechtsorganisation (WIPO) lässt Ausnahmen zugunsten blinder, seh- und lesebehinderter Menschen im Bereich des Urheberrechts zu, um für diesen Personenkreis zugängliche Formate herzustellen und zu verbreiten. Man muss sich darüber im Klaren sein, dass blinde, seh- und lesebehinderte Menschen aktuell von über 95 % der veröffentlichten literarischen Werke weltweit ausgeschlossen sind, weil die Literatur nicht in zugänglichen Formaten, wie etwa Brailleschrift, Daisy-Audio-CDs, barrierefreie elektronische Formate, Großdruck etc. zur Verfügung steht.

Die gleichberechtigte Teilhabe von Menschen mit Behinderungen an medialen Angeboten gewinnt zunehmend an Bedeutung. Alle Kommunikationsformen (Telefon, Internet etc.) und Angebote wie Radio oder Fernsehen sollten für alle Menschen weitestgehend barrierefrei zur Verfügung stehen. Ziel ist es, einen barrierefreien Zugang zu Fernsehen, Radio, Telefon, Internet, Büchern und anderen Medien zu schaffen. Dies ermöglicht einen schnelleren Zugriff auf Informationen und eine Verbesserung der Teilhabe am kulturellen und gesellschaftlichen Leben. Um diese Themen voranzutreiben, veranstaltet das Bundesministerium für Arbeit und Soziales, regelmäßig einen "Runden Tisches barrierefreies Fernsehen". Hier finden Sie die barrierefreie Dokumentation des siebten Runden Tisches barrierefreies Fernsehen vom 12. November 2019  Dieses Dokument in neuem Tab öffnen und vorlesen

Zum neuen Medienstaatsvertrag hat die BAG SELBSTHILFE die nachfolgende Stellungnahme  Dieses Dokument in neuem Tab öffnen und vorlesen abgegeben

Auch im Bereich des Bahnverkehrs sind nach wie vor Maßnahmen in erheblichem Umfang erforderlich, um hier eine uneingeschränkte Nutzbarkeit der Verkehrsmittel zu ermöglichen. Vor allem muss die Bundesrepublik ihrer Verpflichtung nach der EU-Verordnung Nr. 1300/2014  nachkommen und  unter Beteiligung der Verbände behinderter Menschen einen nationalen Umsetzungsplan zur Herstellung von Barrierefreiheit im Bahnverkehr mit konkreten Maßnahmen, Fristen, Zeitplänen und Strategien über 10 Jahre vorlegen. Der nationale Umsetzungsplan sollte überdies Kompensationsregelungen für nicht vollständig barrierefreie Bahnhöfe oder Fälle enthalten, in denen zu bestimmten Uhrzeiten keine Ein- oder Ausstiegshilfen zur Verfügung stehen, weil kein Personal vor Ort ist.

Außerdem ist das vom Bundesverkehrsministerium aufgelegte Modernisierungsprogramm zum barrierefreien Umbau von kleinen Bahnhöfen mit weniger als tausend Reisenden am Tag fortzusetzen und auszubauen. Das Gleiche gilt für den Um- und Neubau größerer Bahnhöfe.

Die BAG-SELBSTHILFE hat zum Entwurf eines Gesetzes zur Umsetzung der Richtlinie (EU) 2019/882 des Europäischen Parlaments und des Rates über die Barrierefreiheitsanforderungen für Produkte und Dienstleistungen und zur Änderung des Jugendarbeitsschutzgesetzes (Barrierefreiheitsstärkungsgesetz-BFSG) und zum Antrag der Fraktion B90/GR (19/24633) „Selbsthilfe und Teilhabe ermöglichen – Barrierefreiheit umfassend umsetzen“ eine Stellungnahme  Dieses Dokument in neuem Tab öffnen und vorlesen abgegeben.

 

Bundesprogramm Barrierefreiheit

Die Bundesregierung hat für die aktuelle Legislaturperiode ein Bundesprogramm Barrierefreiheit angekündigt und ein Gutachten zur Vorbereitung des Programms in Auftrag gegeben. Die BAG SELBSTHILFE hat mit ihrer Expertise an der Erstellung des Gutachtens mitgewirkt. Nachfolgend finden Sie einen Text mit den zentralen Erkenntnissen des Gutachtens:

ISG Kurzexpertise Förderbedarfe für die Verbesserung der Barrierefreiheit auf kommunaler Ebene  Dieses Dokument in neuem Tab öffnen und vorlesen

 

Beratungsangebote zur Barrierefreiheit

Die Bundesfachstelle Barrierefreiheit ist eine zentrale Stelle in Deutschland, die das bestehende Wissen zur Barrierefreiheit systematisch sammelt, aufbereitet und der Öffentlichkeit zur Verfügung stellt.

Die Fachstelle steht im Austausch mit Expertinnen und Experten der Barrierefreiheit aus dem Bund, aus Ländern, aus Verbänden, Wirtschaft und Gesellschaft. Auf diese Weise trägt sie dazu bei, das Wissen um barrierefreie Lösungen laufend fortzuschreiben.

Sie arbeitet behinderungsübergreifend und partizipativ. Mit ihrem Wissen berät die Bundesfachstelle Barrierefreiheit in erster Linie diejenigen, die nach dem Behindertengleichstellungsgesetz (BGG) und anderen Rechtsvorschriften des Bundes zur Barrierefreiheit verpflichtet sind, nach Kapazitäten auch gesellschaftliche Organisationen und Unternehmen.

Barrierefrei-leben.org ist eine Vereinigung von Menschen mit Körperbehinderung. Sie hat ihren Sitz in Hamburg und setzt sich dafür ein, dass die Verantwortung des Bundes, für gleichwertige Lebensbedingungen für Menschen mit und ohne Behinderungen zu sorgen, in allen Bereichen des gesellschaftlichen Lebens erfüllt wird.

Informationsportal zum Thema Leben mit Behinderungen

Das Bundesministerium für Arbeit und Soziales informiert im Internet auf dem umfangreichen Informationsportal einfach-teilhaben.de über das Thema Leben mit Behinderungen.

Das Informationsportal wurde 2009 eingerichtet. Es dient dazu, Menschen mit Behinderungen, deren Angehörige, Verwaltungen und Behörden rund um das Thema Behinderung auf dem aktuellen Stand zu halten.

Informationen sind aufbereitet nach 18 unterschiedlichen Themen, von „Finanzielle Hilfen“ über „Hilfe bei Gewalt“ bis zu „Sport“. In der Rubrik „Ratgeber“ werden die Nutzer nicht nur informiert, sondern ihnen wird aufgezeigt, was wo beantragt werden kann oder wo man etwas konkret findet. Je Thema ist eine klare Fragestellung definiert, die auf der Ratgeberseite beantwortet wird (z. B. wie beantrage ich einen Schwerbehindertenausweis).

Vormundschafts- und Betreuungsrecht

Zur aktuellen Reform des Vormundschafts- und Betreuungsrechts hat die BAG SELBSTHILFE die nachfolgende Stellungnahme abgegeben:

Stellungnahme der BAG SELBSTHILFE zum Entwurf eines Gesetzes des Vormundschafts- und Betreuungsrechts (PDF)  Dieses Dokument in neuem Tab öffnen und vorlesen
Stellungnahme der BAG SELBSTHILFE zum Entwurf eines Gesetzes des Vormundschafts- und Betreuungsrechts (Word)  Dieses Dokument in neuem Tab öffnen und vorlesen

Das Bundesjustizministerium (BMJ) hat der BAG SELBSTHILFE einen Entwurf einer Verordnung über die Registrierung von beruflichen Betreuern (BtRegV) mit der Bitte um Stellungnahme zugeleitet. Mit diesem Entwurf soll der Regelungsauftrag aus den beiden Verordnungsermächtigungen in § 23 Abs. 4 und § 24 Abs. 4 des Betreuungsorganisationsgesetzes (BtOG) umgesetzt werden, wonach die Einzelheiten zu den Voraussetzungen der Registrierung von beruflichen Betreuern und zum Registireierungsverfahren im Wege einer vom BMJ mit Zustimmung des Bundesrates zu erlassenden Rechtsverordnung festzulegen sind. Die Verordnung soll zeitgleich mit dem Betreuungsorganisationsgesetz am 01.01.2023 in Kraft treten.

Stellungnahme zum Entwurf einer Verordunung einer Verordnung über die Registrierung von beruflichen Betreuern (BtRegV)  Dieses Dokument in neuem Tab öffnen und vorlesen

Assistenzhundeverordnung

Assistenzhunde sind für viele Menschen mit Behinderungen eine wichtige Voraussetzung für eine barrierefreie Teilhabe am Leben in der Gesellschaft. Das Bundesministerium für Arbeit und Soziales hat die Thematik der Assistenzhunde in einer spezifischen Verordnung geregelt. Zu dieser Verordnung hat die BAG SELBSTHILFE die nachfolgende Stellungnahme  Dieses Dokument in neuem Tab öffnen und vorlesen abgegeben.

Inklusive Kinder- und Jugendhilfe

Der Deutsche Behindertenrat (DBR) als Aktionsbündnis der maßgeblichen Verbände chronisch kranker und behinderter Menschen hat zum Abschluss des Beteiligungsprozesses „Gemeinsam zum Ziel: Wir gestalten die inklusive Kinder- und Jugendhilfe“ ein konsentiertes Forderungspapier verfasst und am 18.12.2023 an Familienministerin Lisa Paus übergeben. Hintergrund ist, dass noch in dieser Legislaturperiode eine Änderung des SGB VIII auf den Weg gebracht werden soll, mit dem Ziel, die Eingliederungshilfe für alle jungen Menschen mit Behinderungen im SGB VIII neu zu verankern. Der DBR und damit auch die BAG SELBSTHILFE erwarten, dass sich bei einer Gesetzesreform die Situation für junge Menschen mit Behinderung und deren Familien tatsächlich verbessert und bisher fehlende Regelungen für bedarfsgerechte Leistungen und Angebote für eine volle, wirksame und gleichberechtigte Teilhabe ergänzt werden. Damit die Reform für Kinder und Jugendliche mit Behinderung sowie deren Familien gelingen kann, müssen aus Sicht des DBR folgende Voraussetzungen zwingend erfüllt werden: 1. Der in § 108 SGB VIII formulierte Vorbehalt der Kostenneutralität ist aufzuheben, 2. Es braucht mit der Eingliederungshilfe vertraute Fachkräfte in den Jugendämtern, 3. Das im SGB IX, Teil 1 verankerte Rehabilitations- und Teilhaberecht muss zur Anwendung kommen, 4. Partizipation muss gestärkt werden.

Wenn diese Grundbedingungen erfüllt sind, sind im Weiteren zur konkreten Ausgestaltung einer inklusiven Kinder- und Jugendhilfe gesetzliche Regelungen erforderlich, welche sich auf die Sicherstellung der individuellen Teilhabeansprüche beziehen. Ein reformiertes SGB VIII muss insoweit folgende Maßgaben gewährleisten: 1. Keine Aushöhlung des Rechtsanspruchs auf individuelle Teilhabeleistungen, 2. Feststellung und Deckung des behinderungsspezifischen Bedarfs, 3. Einheitlicher Behinderungsbegriff, 4. Verzicht auf das Kriterium der Wesentlichkeit, 5. Bedarfsgerechte Leistungen schaffen, 6. Gesetzliche Verankerung des Wunsch- und Wahlrechts, 7. Frühförderung beibehalten und weiterentwickeln, 8. Anspruch auf Leistungsvereinbarung und gesetzliche Verankerung eines öffentlich-rechtlichen Zahlungsanspruchs, 9. Einkommens- und Vermögensfreiheit der behinderungsbedingt notwendigen Teilhabeleistungen, 10. Keine nachteilige Stichtagsregelung, 11. Zuständigkeit der Sozialgerichtsbarkeit verankern, 12. Übergang ins SGB IX, Teil 2.

Darüber hinaus sind gesetzliche Regelungen erforderlich, welche sich auf folgende, weitere Erfordernisse für ein inklusives SGB VIII beziehen: 1. Multiprofessionalität im Jugendamt und den Beratungsstellen, 2. Beratung und Begleitung familienorientiert  ausrichten, 3. Sicherstellung der Barrierefreiheit, 4. Beteiligung strukturell verankern, 5. Eltern mit Behinderung adäquat unterstützen, 6. Erweiterung des § 20 SGB VIII, 7. Inklusive Kinder- und Jugendhilfe für alle.

Das DBR Forderungspapier ist auf der DBR-Webseite eingestellt unter „Positionspapiere“ (https://www.deutscher-behindertenrat.de/ID26372).