Begutachtungen durch den Medizinischen Dienst

Ein Pflegegrad ist erforderlich, wenn Sie im Alltag dauerhaft und erheblich auf Unterstützung angewiesen sind und Leistungen der Pflegeversicherung in Anspruch nehmen möchten. 

Je höher der Pflegegrad, desto höher sind die Pflegeleistungen, die Sie von Ihrer Pflegeversicherung erhalten. Die einzelnen Grade von 1 bis 5 orientieren sich daran, wie stark die Selbständigkeit einer Person eingeschränkt ist.

Pflegegrad beantragen - Erstantrag

Der Antrag wird formlos (telefonisch oder online) bei Ihrer Pflegeversicherung gestellt.

Nach der Antragstellung erhalten Sie ein Formular, in dem die Pflegeversicherung detaillierte Angaben zur Person und zur Pflegebedürftigkeit abfragt. Dieses Formular muss vom Antragsteller ausgefüllt, unterschrieben und anschließend an die Pflegeversicherung zurückgesandt werden.

Im weiteren Verlauf wird ein Pflegegutachten erstellt. Dazu besucht ein Gutachter Sie zu Hause oder in einer Pflegeeinrichtung (in ein Krankenhaus kommt er nicht!), stellt Fragen, beobachtet Abläufe und gibt erste Tipps zur Pflege. Alternativ kann die Begutachtung auch telefonisch oder per Videotelefonie erfolgen.

Bei der Pflegebegutachtung geht es um das Ausmaß der Selbständigkeit. Der notwendige Pflegeaufwand war früher einmal relevant, ist aber heute nicht mehr entscheidend. Das Gutachten ist in der Regel ausschlaggebend für die Entscheidung der Pflegekasse über einen bestimmten Pflegegrad.

Bei der Pflegebegutachtung werden bis zu 100 Punkte für eingeschränkte Selbständigkeit vergeben, danach richtet sich die Einstufung in einen Pflegegrad. Die Gesamtpunktzahl setzt sich aus sechs unterschiedlich gewichteten Themenfeldern zusammen. Ausnahmen gelten bei der Kinderpflege sowie bei einer besonderen Bedarfskonstellation

Kriterien für die Pflegebegutachtung

1. Mobilität: 

Wie selbstständig bewegt sich der Begutachtete fort? Wie kann er sich halten, aufrecht sitzen und Treppen steigen?

2. Kognitive und kommunikative Fähigkeiten: 

Kann sich der Antragsteller im Alltag örtlich und zeitlich orientieren? Kann er für sich selbst Entscheidungen treffen, Risiken erkennen, Gespräche führen und seine Bedürfnisse mitteilen?

3. Verhaltensweisen und psychische Problemlagen

Wie oft benötigt der Betroffene Hilfe wegen psychischer Probleme wie aggressivem oder ängstlichen Verhalten? Leidet er unter Wahnvorstellungen oder beschädigt er Gegenstände?

4. Selbstversorgung: 

Wie selbstständig kann sich der Begutachtete täglich selbst waschen, pflegen und ernähren?

5. Bewältigung und selbstständiger Umgang mit krankheits- oder therapiebedingten Anforderungen und Belastungen: 

Welche Hilfen benötigt der Antragsteller beim Umgang mit Krankheit, Therapien und Behandlungen wie zum Beispiel bei Dialyse oder Verbandswechsel?

6. Gestaltung des Alltagslebens und sozialer Kontakte: 

Wie selbstständig kann der Begutachtete seinen Tagesablauf planen, sich selbst beschäftigen oder Kontakte pflegen.


Hinter jedem der sechs Module stehen bis zu 16 feste Kriterien, die im Gutachten einzeln bewertet werden. Daraus ergibt sich für jedes Modul eine Punktzahl. Zusammengerechnet und gewichtet ergeben die Punktzahlen der Module die Gesamtpunktzahl, diese sind einem Pflegegrad fest zugeordnet.

Das Gutachten basiert also auf einem festen Punktesystem, das als Grundlage für die Entscheidung über den Pflegegrad dient. Letztlich wird der Pflegegrad von der Pflegeversicherung erteilt, die in Einzelfällen zusätzliche Informationen einholen kann.

Den Bescheid mit dem Gutachten erhalten Sie schriftlich. Sofern der Pflegegrad korrekt zugeteilt wurde, besteht Ihr Anspruch auf Pflegeleistungen rückwirkend ab dem Tag der Antragstellung. Falls Sie mit der Entscheidung nicht einverstanden sind, haben Sie die Möglichkeit, Widerspruch einzulegen.

Pflegegrad Höherstufung

Wenn sich Ihr Gesundheitszustand verschlechtert und der aktuelle Pflegegrad nicht mehr Ihren Bedürfnissen entspricht, ist es ratsam, einen Antrag auf Höherstufung zu stellen. 

Das Verfahren ähnelt dem Erstantrag: Sie wenden sich an Ihre Pflegeversicherung, beschreiben die Veränderungen Ihrer Situation und beantragen eine Neubewertung des Pflegegrads. Wenn Ihre Angaben nachvollziehbar sind, wird die Pflegeversicherung ein neues Pflegegutachten in Auftrag geben. Auf Basis dieses Gutachtens kann der Pflegegrad entsprechend angepasst werden.

Versichertenbefragung 2024

Im Jahr 2024 begutachteten die Gutachterinnen und Gutachter rund 3,1 Millionen Versicherte zur Einstufung in einen der fünf Pflegegrade. Die Befragung der Versicherten zu ihren Erfahrungen mit der Begutachtung erfolgt regelmäßig: Seit 2014 erhalten zufällig ausgewählte Versicherte, die einen Antrag auf Leistungen der Pflegeversicherung gestellt haben, einen anonymisierten Fragebogen, mit dem sie die Gutachterinnen und Gutachter sowie den Ablauf der Pflegebegutachtung bewerten können. Die Auswertung der Fragebögen erfolgt durch eine externe wissenschaftliche Stelle, das BQS Institut für Qualität & Patientensicherheit GmbH.

Die Ergebnisse der jüngsten Befragung finden Sie hier:
Zu den Berichten der Medizinischen Dienste und dem Gesamtbericht des MD Bund 2024.