Stärkung von Gesundheitskompetenz durch Selbsthilfearbeit
Laufzeit: | 01.01.2022 - 31.12.2023 |
Förderung | BKK Dachverband |
Projektpartner | BAG SELBSTHILFE e.V. , BKK Nordwest, LAG SELBSTHILFE NRW |
Projektbeschreibung
Ausgangslage
Die Fähigkeit, Gesundheitsinformationen zu finden, zu verstehen, zu bewerten und für gesundheitsbezogene Entscheidungen anzuwenden, wird als „Gesundheitskompetenz“ bezeichnet.
Hierbei geht es nicht nur um Lese- und Schreibfähigkeit, sondern auch um Wissen, Motivation und Kompetenzen, um sich im Alltag über das Gesundheitswesen, die Krankheitsprävention, die gesundheitliche Versorgung bis hin zur Linderung von Beschwerden eine Meinung zu bilden und Entscheidungen zu treffen, die die Lebensqualität erhalten oder verbessern.
Das Ausmaß der Gesundheitskompetenz in der Bevölkerung ist aber nicht nur von den individuellen Voraussetzungen und erworbenen Kompetenzen abhängig, sondern wesentlich auch von der Qualität und Verfügbarkeit der bereitgestellten Informationen.
Chronisch kranke und behinderte Menschen gelten zu Recht als besonders vulnerable Gruppe, wenn es um die Sicherstellung von Gesundheitskompetenz geht. Zum einen können gesundheitliche Einschränkungen und Behinderungen zu einer Einschränkung beim Finden, Verstehen und Bewerten von Gesundheitsinformationen führen. Man denke nur an Sinnesbehinderungen, kognitive Einschränkungen oder Einschränkungen bei der Konzentrationsfähigkeit. Andererseits stehen Menschen mit chronischen Erkrankungen und Behinderungen oftmals in einem besonders intensiven Kontakt mit dem Gesundheitswesen und haben besonders viele und/oder besonders komplexe gesundheitsbezogene Entscheidungen zu treffen.
Daher hat der Nationale Aktionsplan Gesundheitskompetenz vier spezifische Zielstellungen formuliert, die sich auf diese Personengruppe beziehen:
- Gesundheitskompetenz in die Versorgung von Menschen mit chronischer Erkrankung integrieren
- einen gesundheitskompetenten Umgang mi dem Krankheitsgeschehen und seinen Folgen ermöglichen und umsetzen
- die Fähigkeit zum Selbstmanagement von Menschen mit chronischer Erkrankung und ihren Familien stärken
- die Gesundheitskompetenz zur Bewältigung des Alltags mit chronischer Erkrankung fördern.
Das Selbsthilfeprinzip beruht auf dem Austausch und der gegenseitigen Unterstützung Gleichbetroffener im Umgang mit chronischen Erkrankungen und Behinderungen. Alle Fähigkeiten, die mit der Anwendung von Gesundheitskompetenz verbunden sind, kommen auch in diesem Prozess zum Tragen, da sich die Gleichbetroffenen seit jeher beim Finden, Verstehen und Bewerten von Gesundheitsinformationen in der Selbsthilfe gegenseitig unterstützen.
Die Anwendung gesundheitsbezogenen Wissens auf das Alltagsleben ist ein Kompetenzfeld, das im Austausch in der Selbsthilfe schon immer einen ganz besonderen Stellenwert hat. Hinzu kommt, dass Selbsthilfeorganisationen selbst Gesundheitsinformationen erstellen und damit auch insoweit ein Potential zur Stärkung der Gesundheitskompetenz haben.
Die Stärkung von Gesundheitskompetenz ist daher seit jeher ein wichtiges Aufgabenfeld der Selbsthilfearbeit.
Zu hinterfragen ist aber, ob die Selbsthilfeorganisationen chronisch kranker und behinderter Menschen dieser Aufgabe bereits bestmöglich gerecht werden können oder ob es Optimierungsbedarfe gibt.
Hierzu ist zu klären, wie die Selbsthilfeorganisationen bislang bei der Sichtung und ggf. Erstellung von Gesundheitsinformationen vorgehen.
Klärungsbedarf besteht aber auch, welche Angebote es gibt, um die Mitglieder der Selbsthilfeorganisationen dazu zu befähigen, die für sie relevanten Gesundheitsinformationen zu finden, zu verstehen, zu bewerten und auf die eigene Lebenssituation anzuwenden.
In methodischer Hinsicht interessant ist auch die Frage, inwieweit der gegenseitige Austausch in Selbsthilfegruppen eine Hilfestellung bietet, um die Defizite des Einzelnen beim Finden, Verstehen und Bewerten von Gesundheitsinformationen auszugleichen.
Neben dieser Ebene des Austauschs in der Gruppe gilt es zu untersuchen, inwieweit die Selbsthilfeorganisationen unterstützend dabei tätig sind bzw. sein können, Inhalte aus Gesundheitsinformationen so zu vermitteln, dass die Mitglieder möglichst wenige oder gar keine Schwierigkeiten beim Verstehen, Bewerten und Anwenden der Informationen auf den eigenen Lebensalltag haben.
Nach dem Nationalen Aktionsplan Gesundheitskompetenz kann dies bspw. über flexible Informations- und Lernangebote erfolgen. Zu klären ist, ob es solche (indikationsspezifischen) Angebote bereits gibt bzw. wie man solche Angebote (weiter-)entwickeln könnte.
Projektziele
Mit dem Projekt „Stärkung der Gesundheitskompetenz durch Selbsthilfearbeit“ werden die Aufgabenfelder der Selbsthilfe bei der Stärkung der Gesundheitskompetenz chronisch kranker und behinderter Menschen analysiert.
Bezogen auf die Aufgabenfelder der
- Sichtung und Erstellung von Gesundheitsinformationen durch Selbsthilfeorganisationen
- Vermittlung von Inhalten aus Gesundheitsinformationen durch Selbsthilfeorganisationen für ihre Mitglieder
- Bereitstellung von flexiblen Informations- und Lernangeboten für die Mitglieder
- Nutzung des Austauschs in der Selbsthilfe zum Zwecke einer Befähigung der Mitglieder zum Finden, Verstehen, Bewerten und Anwenden von Gesundheitsinformationen
wird geklärt, welche Standards bereits bestehen bzw. wo die Weiterentwicklungspotentiale/-bedarfe bestehen.
Aufbauend auf dieser Detailanalyse werden Arbeitshilfen entwickelt, die Handlungsempfehlungen geben zur
- qualitätsgesicherten Sichtung und Erstellung von Gesundheitsinformationen
- indikationsbezogenen Vermittlung von Inhalten aus Gesundheitsinformationen
- Konzeption, Erprobung und nachhaltigen Nutzung von Informations- und Lernangeboten für Mitglieder
- zielgerichteten Stärkung der Gesundheitskompetenz von Mitgliedern von Selbsthilfegruppen im Rahmen von Treffen von Selbsthilfegruppen.
Workshops und Veranstaltungen
Digitaler Fachtag Gesundheitskompetenz
Im Oktober 2023 hat das Projekt "Stärkung der Gesundheitskompetenz durch Selbsthilfearbeit" einen großen digitalen Fachtag veranstaltet, um dort die bereits gewonnenen Erkenntnisse und die im Projekt erarbeiteten Materialien vorzustellen und mit den Mitgliedsverbänden zu diskutieren. Der Fachtag wurde thematisch in zwei Workshopeinheiten aufgeteilt. In einem ersten Workshop wurden Handlungsempfehlungen zum Erstellen von Gesundheitsinformationen durch Selbsthilfeverbände diskutiert, ein zweiter Workshop befasste sich mit Strategien zur Vermittlung von Gesundheitskompetenz an der Basis. Ergänzt wurde die Workshoparbeit durch die Diskussion mit externen Fachexperten.
Dokumentation digitaler Fachtag "Stärkung der Gesundheitskompetenz durch Selbsthilfearbeit" am 13. Oktober 2023 Dieses Dokument in neuem Tab öffnen und vorlesen
Vortrag "Erstellung von Gesundheitsinformationen – Standards der Wissenschaft", Dr. Siiri Doka, BAG SELBSTHILFE Dieses Dokument in neuem Tab öffnen und vorlesen
Vortrag "Methodische Herangehensweise der Selbsthilfeorganisationen chronisch kranker und behinderter Menschen", Dr. Martin Danner, BAG SELBSTHILFE Dieses Dokument in neuem Tab öffnen und vorlesen
Vortrag "Entwurf von Handlungsempfehlungen bei der Erstellung von Gesundheitsinformationen in der Selbsthilfe", Dr. Siiri Doka, BAG SELBSTHILFE Dieses Dokument in neuem Tab öffnen und vorlesen
Vortrag "Evidenzbasierte Gesundheitsinformationen für besondere Zielgruppen erreichbar machen – Strategieansatz des IQWIG", Klaus Koch, IQWIG Dieses Dokument in neuem Tab öffnen und vorlesen
Vortrag "Wie kann man den eher akademischen Begriff der Gesundheitskompetenz in der Selbsthilfe laienverständlich diskutieren?", Eva Kauenhowen, BAG SELBSTHILFE Dieses Dokument in neuem Tab öffnen und vorlesen
Vortrag "Strategieansatz: Schulung von Gruppenleitungen und Zurverfügungstellung von Tools für die Gruppensituation", Lisa Handeck, LAG SELBSTHILFE NRW Dieses Dokument in neuem Tab öffnen und vorlesen
Vortrag "Erklärfilm als Unterstützungsmaßnahme zur Vermittlung des Themas", Eva Kauenhowen, BAG SELBSTHILFE Dieses Dokument in neuem Tab öffnen und vorlesen